Hallo,
2009 und 2010 hat Harald bereits die interessanten Quinare sowie ein sehr seltenes Teilstück vom Prager Typus vorgestellt.
viewtopic.php?f=44&t=853&hilit=prager+typus&start=0Harald verwies bereits auf den Beitrag "Die keltischen Silbermünzen vom "Prager-Typus" (zur Silberprägung der Boier)" von Herrn Kellner aus dem JNG 15 von 1965.
Zwei Jahre später, 1967 veröffentlichte Herr Allen im JNG 17 seinen Beitrag "More on the Prague Type" in dem er einige Vermutungen Kellners aufgriff und zudem auf die Ähnlichkeit in der Darstellung zwischen den Prototypen vom Prager Typus und den Prototypen der Büschelquinare der Vindeliker verwies.
Für alle Interessierten, die es noch nicht wissen, glücklicherweise werden alle alten Jahrbücher digitalisiert und sind unter folgendem Link frei einsehbar:
https://www.coingallery.de/zeitschriften/jng_1.htmIch werde mich hier vermehrt auf die Referenzstücke Allens auf Tafel 4 aus seinem Artikel beziehen.
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Gewicht: 1,74g
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Gewicht: 1,84g
Auf dem Avers ist ein Kopf nach links mit Locken zu sehen. Das Auge ist als Punkt dargestellt, umkreist von einer Linie, die in die Nase übergeht. Hier wurde bereits des öfteren auf die Ähnlichkeit zu den Quinaren vom Typ "Brillengesicht" hingewiesen, die zumeist dem Raum Bayern sowie Thüringen und Baden Württemberg zugeschrieben werden. Auf dem Revers ist ein Pferd nach rechts, mit Mähne bestehend aus feinen Strichen und einer Schlange zuvor zu sehen. Das Maul ist mit vier Punkten dargestellt. Bis auf die Richtung des Pferdes stimmt die Darstellung stilistisch mit Süddeutschen Prägungen überein.
Beide der gezeigten Prototypen entsprechen der Abbildung 2 nach Allen.
Außergewöhnlich und auf süddeutschen Quinaren nicht zu finden ist die sehr feine Darstellung des Reiters, welcher in dieser Art nur auf dem Typ 2 nach Allen zu finden ist. Auf keiner der anderen abgebildeten Prototypen ist der Reiter zu finden. Auf späteren Prototypen oder den Münzen vom Prager Typus ist über dem Rücken eine Kugel zu finden, wodurch vermutet wird, dass der Reiter mit der Zeit in die Kugel aufgelöst hat.
Wie von Harald bereits beschrieben erstrecken sich die Funde der Münzen vom Prager Typus über ein sehr großes Gebiet, von Böhmen über Thüringen bis nach niederösterreich.
Als Durchschnittsgewichte für die Prototypen des Prager Typus gibt Allen für die Abbildungen 1-5 1,7g (range 1,84-1,55g); für die Abbildungen 6-7 1,57g und für die Quinare vom Prager Typus, Abbildungen 8-13 1,43g.
Wie Allen bereits erwähnt sind die Durchschnittsgewichte nicht sonderlich repräsentativ, aufgrund der geringen ihm vorliegenden Stückzahl, sie sind jedoch ein guter Indikator.
Bei dem Quinar aus der Sammlung Flesche, welcher gestern bei Künker unter der Losnummer 6396 versteigert wurde handelt es sich aus meiner Sicht ebenfalls um einen Prototyp vom Prager Typus.
https://www.kuenker.de/de/auktionen/stueck/321737Das Revers, mit Pferd nach rechts, gleicht dem der Abbildung 1 nach Allen, mit einem Gewicht von 1,54g passt das Stück ebenfalls in die von Allen angegebene Range, wenn auch ein etwas leichterer Vertreter seiner Art. Das Pferd weißt vor dem Maul ebenfalls eine Schlange auf, sonst sind keine weiteren Beizeichen vorhanden (lasst euch nicht durch die Stempelschäden irritieren). Sowohl die Stellung der Beine als auch die Darstellung der an den Hals angelegten Mähne, bestehend aus Strichen ist identisch.
Die Darstellung des Kopfes wirkt etwas primitiver, weißt jedoch besonders bei den Lippen und dem Ohr Ähnlichkeiten auf, auch die Darstellung der Haare mittels grober Striche zeigt stilistische Ähnlichkeiten.
Allen vermutet in seinem letzten Absatz, dass Thüringen die wahrscheinlichere Heimat der Prototypen ist, auch wenn man das mit Sicherheit nicht sagen kann. Zudem schreibt Allen, dass die rheinischen Silbermünzen sowie die Büschelquinare aus der Schweiz und Bayern alle einen gewissen typologische Zusammenhang mit den Prager Prototypen und den dazugehörigen Münzen haben und verweist darauf, dass der Prager Typus weder zeitlich noch geographisch so isoliert ist, wie Herr Kellner zwei Jahre zuvor noch angenommen hatte. Für die Prototypen vermutete Allen damals einen Prägezeitraum irgendwo im frühen 1. Jhd. v. Chr..
Aufgrund der Verbreitung der Prototypen vom Prager Typus, woher auch immer sie stammen möchten, ist durchaus denkbar, dass sie als Vorbilder für diverse weiterer Münzprägungen unterschiedlicher Stämme dienten. So kann aus den Abbildungen 3-7, welche in der Darstellung des Kopfes bereits eine Weiterentwicklung ins abstrakte zeigen, der Prager Typus und aus der Abbildung 2 durchaus der Typ Brillengesicht entstanden sein. Grundsätzlich tue ich mir schwer, mit derart wenig wirklich nachweisbaren Fakten, eine solch deutliche Ähnlichkeit, sowohl hinsichtlich des Stils als auch des Verbreitungsgebiets, mit den worten "die haben nichts miteinander zu tun, das sind zwei unterschiedliche Typen" abzuschmettern. Leider lese ich das doch zu oft in verschiedenen Foren.
Schreibt doch gerne wenn Ihr mehr zu diesem sehr Interessanten Münztyp, der Verbreitung oder den Zusammenhängen sagen könnt.
edit: Einem Beitrag zur Bestimmung eines Quinars vom Typ Brillengesicht konnte ich entnehmen, dass Nick in seinem Buch "Gabe, Opfer, Zahlungsmittel" die Prototypen vom prager Typus ebenfalls mit den Quinaren vom Typ Brillengesicht in Verbindung bringt. Das Buch ist eines der wenigen, welches ich leider noch nicht besitze. Ich gelobe Besserung

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Schönen Abend,
Ceallach