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Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen https://www.numismatik-cafe.at/viewtopic.php?f=44&t=5409 |
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Autor: | DOCISAM [ 3. Mär 2014, 00:17 ] |
Betreff des Beitrags: | Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen |
Die Paionier waren ein Volk auf der Balkanhalbinsel, deren Gebiet nordwestlich an Makedonien angrenzte, ihr König Patraos war ein Zeitgenosse Alexanders des Großen. Sein Bruder Ariston diente Alexander als General. Münzen des Patraos galten als selten, bis 1961 der Rezhantzi hoard (IGCH 411) geborgen wurde, bzw. 1969 der Paeonian hoard (IGCH 410) in London (Sotheby & Co) und New York (Parke-Bernet) versteigert wurde. Aufgrund der Ähnlichkeit der Zusammensetzung beider Funde, insbesondere auch des Vorkommens seltener makedonischer Prägungen, vermutet man heute, dass der Paeonian hoard nicht wie zwischenzeitlich angenommen bei Skopje (Ziegaus, Geld der Kelten, S. 238) gefunden wurde, sondern dass er eventuell ein Teil des bei Rejantsi in Westbulgarien entdeckten Schatzfundes ist: http://www.academia.edu/317570/_._IGCH_411_Gold_staters_from_the_Rezhantsi_Hoard_IGCH_411_Pernik_district_Western_Bulgaria http://www.academia.edu/1814921/A_Coin_Hoard_of_the_Paeonian_King_Lycceius Nach Angabe des Verkäufers stammt auch diese Münze aus dem Paeonian hoard, gilt aber als "griechisches Original": Tetradrachme des Patraos Silber, 12,85 g, 24 mm, 2 h. Av. Jugendlicher Kopf mit Lorbeerkranz (Apollon ?) nach rechts; Stempelbruch Rv. Π/AT/Ρ/AOΥ (P umgekehrt), Reiter in militärischer Tracht im Galopp n. r., einen gefallenen, auf dem Rücken liegenden Gegner niederstechend. - Paeonian Hoard I, 482 (stgl.). - Slg. Lanz 997 (Av. stgl.). Dateianhang: Hier wäre eine stempelgleiche Vergleichsmünze (12,62 g), bei der man das umgedrehte P besser sieht : Dateianhang: http://www.acsearch.info/record.html?id=701692 Allerdings hat der "jugendliche Kopf" bei den meisten Patraos Tetradrachmen das Auge naturgetreu von der Seite dargestellt, während es bei der vorgestellten Münze eher von vorne gesehen (und im Profil ziemlich merkwürdig) wirkt: Dateianhang: http://www.acsearch.info/record.html?id=687012 Ich frage mich, ob das unbeholfen dargestellte Auge, das umgedrehte P und die Verwendung eines kräftig gebrochenen Stempels schon dafür sprechen können, dass die oben vorgestellte Münze kein griechisch / paionisches Original mehr ist. Allerdings gelten Münzen aus diesen Stempeln im Versteigerungskatalog von 1969 und bei Michaela Kostial (Katalog Slg. Lanz) durchaus als "griechisch", wobei M. Kostial einräumt (S. 172): "Bei einigen Stücken läßt sich nicht mit absoluter Sicherheit sagen, ob es sich um gute, sehr nahe an der Vorlage gehaltenen Nachprägungen oder um Originale handelt, die lediglich weniger sorgsam gearbeitet sind." Ich bin auf Eure Meinung gespannt. Viele Grüße, Docisam |
Autor: | DOCISAM [ 3. Mär 2014, 00:33 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen |
Eindeutig eine (keltische ?) Imitation ist folgende Münze, die in der Auktion 243 von Künker (21.11.2013), Los 4472 versteigert wurde - es ist das im Sotheby-Versteigerungskatalog von 1969 (Nr. 514) und in Robert Göbls 'Ostkeltischen Typenatlas' Taf. 12, 119 B abgebildete Stück: Zitat: AR-Tetradrachme, Typ Patraos, 3. Jahrhundert v. Chr.; 12,43 g. Apollokopf l. mit Lorbeerkranz// Reiter l. mit Lanze, darunter Schild und gebogenes Messer. Kostial 1004 f.; Slg. Flesche 632. Dateianhang: http://www.acsearch.info/record.html?id=700113 Viele Grüße, Docisam |
Autor: | DOCISAM [ 3. Mär 2014, 00:42 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen |
Als Diskussionsgrundlage noch einige scans aus dem Auktionskatalog von Sotheby & Co. für die Versteigerung "Wednesday, 16th April, 1969", Taf. 9: Noch als 'griechichsche Originale' angesprochene Münzen: Dateianhang: Als mögliche (keltische ?) Imitationen angesprochene Gepräge: Dateianhang: Dateianhang: Viele Grüße, Docisam |
Autor: | DOCISAM [ 3. Mär 2014, 00:52 ] |
Betreff des Beitrags: | N. L. Wright, The horseman and the warrior |
In einem hochinteressanten Artikel geht Nicolas L. Wright darauf ein, dass der auf der Rückseite der Patraos-Tetradrachmen niedergerittene Feind durchaus unterschiedliche Attribute aufweist, mal hat er die makedonische Kausia auf, mal trägt er einen Helm. Als hätte sich das Feindbild zuweilen geändert ... Nicolas L. Wright, The horseman and the warrior Paionia and Macedonia in the fourth century BC. Numismatic Chronicle 172, 2012, 1-26. http://www.academia.edu/1502593/The_horseman_and_the_warrior_Paionia_and_Macedonia_in_the_fourth_century_BC Viele Grüße, Docisam PS: Hier noch eine Münze, bei der der niedergerittene Gegner die Kausia trägt (und die eher das obere qualitative Ende dieser Prägungen repräsentiert): Zitat: Patraos (c.340-315 B.C.), Silver Tetradrachm, 12.72g,. Head of Apollo facing to right, wearing a laurel-wreath. Rev. ΠATPAOY , helmeted warrior on horseback to right, trampling over and spearing a fallen enemy warrior below, who defends himself with a shield and a spear (AMNG III, pl. 37, 15-17; Paeonian Hoard (Sotheby’s, 16 April 1969), 97-100; Jameson 1021 (this coin)). Attractive cabinet tone, extremely fine. This coin published in ‘Collection R. Jameson, Monnaies Grècques Antiques’ (Paris, 1913-1932), 1021, illustrated on pl. LIII. Ex Charvet de Beauvais Collection, Rollin & Feuardent, Paris, 30 April – 2 May 1903, lot 9 Ex Woodward Collection Ex Jameson Collection, 1021 Ex Bank Leu AG, Auction 36, Zurich, 7 & 8 May 1985, lot 11 Dateianhang: http://www.acsearch.info/record.html?id=540178 PS II: Weitere Vergleichsbeispiele sind sehr wilkommen. |
Autor: | DOCISAM [ 3. Mär 2014, 08:00 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen |
Hier noch ein weiterer Artikel: Nicholas L Wright, Who’s killing whom on the coinage of Patraos of Paionia. Journal of the Numismatic Association of Australia 22, 2011 (2012), 19-49. http://naa-online.com/pdfjournal/Vol22/Vol%2022%20Article%202.pdf Speziell zu Kausia, deren Verwendung und Bedeutung gibt es eine Doktorarbeit: Eric Janssen, Symbolik und Funktion der makedonischen Kleidung. Dissertation Georg-August-Universität Göttingen 2007. http://ediss.uni-goettingen.de/handle/11858/00-1735-0000-0006-B39A-5 Knapp aber informativ ist der Wikipedia-Artikel: http://de.wikipedia.org/wiki/Kausia Viele Grüße, Docisam |
Autor: | klaupo [ 4. Mär 2014, 12:22 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen |
Bis zu diesem Thread wußte ich nicht, daß mein Stück dem 'Paeonian Hoard' zuzurechnen ist, denn die Auktions-Beschreibung erwähnte ihn seinerzeit nicht. Hier ist es: Dateianhang: PAEONIA KÖNIGREICH. Patraos, 335-315 v. Chr. AR-Tetradrachme; 12.61 g. Apollokopf r. mit Lorbeerkranz // Π / ATΡ / AO / Υ Reiter r. ersticht gestürzten Gegner. SNG ANS 1040. ex Fritz Rudolf Künker GmbH & Co KG, Auktion 94, (27.09.2004) Bei Durchsicht von "acsearch" habe ich jedoch zwei stempelgleiche Averse gefunden ... http://www.acsearch.info/record.html?id=624554 http://www.acsearch.info/record.html?id=485882 .... sowie ein stempelgleiches Revers http://www.acsearch.info/record.html?id=96709 Gruß klaupo |
Autor: | DOCISAM [ 4. Mär 2014, 20:41 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen |
Es ist zumindest sehr wahrscheinlich. Ausdrücklich erwähnt wurde die Herkunft von Münzen aus dem "Paeonian hoard" für eine Serie von Münzen in Auktion 16 von Münzen & Medaillen am 19.05.2005, darunter auch zahlreiche Münzen von Philipp II mit und ohne Einhieb. Die Münzen stammten aus dem Familienbesitz des ersten westlichen Besitzers des Fundes: http://www.acsearch.info/record.html?id=96339 Aus einer späteren Auktion (34) stammt meine Münze. Bei MA-Shops, bietet die Firma derzeit sechs Patraos-Tetradrachmen an, darunter drei (wenn auch aus müderen Stempeln), bei denen Apollon den Knubbel auf der Wange hat. Allerdings zeigt die oben gezeigte Münze "Ex Charvet de Beauvais Collection, Rollin & Feuardent, Paris, 30 April – 2 May 1903, lot 9. Ex Woodward Collection. Ex Jameson Collection, 1021. Ex Bank Leu AG, Auction 36, Zurich, 7 & 8 May 1985, lot 11.", dass derartige Münzen schon vor 1969 (1961) in Sammlungen gelangten. Ob seit den 60er Jahren wieder ein umfangreicher Fund von Patraos-Tetradrachmen gemacht wurde und in den Handel kam, weiß ich nicht. Zumindest für Münzen des Lykkeios hat es nach dem oben per Link zitierten Aufsatz von Eftimija Pavlovska vor etwa einem Jahrzent einen immerhin 200 bis 300 Stücke umfassenden Fund gegeben, von denen 35 Tetradrachmen in die Nationalbank von Makedonien gelangten und der Rest außerhalb des Landes versteiget wurde. Viele Grüße, Docisam PS: Die Angaben zu IGCH 410 und 411 sind online unter: http://nomisma.org/id/igch0410 http://nomisma.org/id/igch0411 |
Autor: | harald [ 5. Mär 2014, 09:09 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Tetradrachme des Patraos / Originale und Imitationen |
Hallo Docisam! Vielen Dank für diese interessanten und aufschlußreichne postings. Die Frage ob es sich hier um ein griechisches Original, oder um eine keltische Imitation handelt, ist gerade bei diesen relativ originalgetreuen Kopien, wie es auch bei deiner Münze der Fall ist, wohl nie mit absoluter Gewißheit zu beantworten. Die Suche nach einem Stil, der als eindeutig keltisch einzustufen ist, dürfte bei dieser Münze ebenfalls nicht zu hundert Prozent zielführend sein. Vergleicht man jedoch das von dir vorgestellte Exemplar mit einer als keltisch bestimmten Imitation,zum Beispiel der Nr. 626 bei Ziegaus, findet sich ebenfalls das verkehrte P wieder. Meiner Meinung, neben dem ungewöhnlich dargestelltem Auge ein weiteres mögliches Indiz für einen keltischen Ursprung deines Exemplars. Grüße Harald |
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