Hallo Walker und Alle zusammen,
das ist ein ausgesprochen spannendes und wirklich hübsches Stück aus dem 12. Jh., das du hier herzeigst

Danke, fürs teilen!
Zunächst möchte ich mich auch Haxaeder anschließen sich eventuell an Hubert Emmerig (Inst. Numismatik und Geldgeschichte, Uni Wien) oder Johannes Hartner (Münzkabinett, KHM Wien) zu wenden - beide sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit und sie beschäftigen sich schon seit Langem mit dem 12. Jh. im süddeutschen/österreichischen Raum.
Nun zu deinem Stück - es ist einfach nicht möglich, es in der Literatur zu finden, da es sich um einen bisher unedierten Typ handelt! Dennoch lässt sich eine ungefähre Datierung und Zuweisung schon versuchen.
Die Motive, sowohl am Avers als auch Revers, sind eindeutig von weltlichem Charakter - ein geistlicher Ursprung (Abtei oder Bistum) kann daher schon einmal ausgeschlossen werden.
Schrötling(-form) und die stilistischen Merkmale weisen das Exemplar als eine Prägung der frühen süddeutschen/österreichischen Münzstätten des 12. Jhs. aus.
Hier könnte man zunächst auch an Regensburg denken, doch ist der Stil dort ein anderer. Hinzu kommen die Beizeichen am Trugschriftrand, die eine solche Vermutung noch bestätigen. Regensburger Münzen, ab 1110/20, zeigen viel mehr verschiedene Buchstaben am Rand (Ringe, Z, +, C, O, T etc...), wohingegen dieses Stück einen recht homogenen Buchstabenbestand aufweist (I, T, V, O), noch dazu einen viel "stärkeren" Stempelschnitt als eben in Bayern.
Bayern würde ich hier also auch auschließen - da bleibt nun hier nicht mehr viel übrig, als die österreichischen Mzst. des 12. Jhs.
Hier haben wir die Mzst. Krems, Enns, Neunkirchen und dann später Fischau.
Gegen Neunkirchen sprechen die Münzmotive, da uns die Neunkirchner Prägungen der Formbacher durchaus gut belegt sind (siehe den Leitfaden von Hexaeder).
Wann die Mzst. Fischau ihre Tätigkeit aufgenommen hat ist nicht so gewiss, doch wird das wohl um 1150 zu vermuten sein. In den späten 1150ern fiel doch die Mzst. Neunkirchen an die steierischen Otakare und wurde bald darauf auch eingestellt, eine Prägung in diesem Raum aber in Fischau weitergeführt. Möglicherweise war die Mzst. Fischau bereits davor tätig und prägte für die Otakare, da wir es mit ähnlichen Münzbildern in Neunkirchen und Fischau zu tun haben. Gerade in dieser Anfangszeit wären in Fischau eben auch Motivübernahmen aus Neunkirchen zu erwarten - die gibt es allerdings nicht bei dem vorliegenden Stück.
Bleiben noch Krems und Enns.
In Krems prägten seit den 1110/20er Jahren die Babenberger und in Enns die Otakare, doch liegt der Prägebeginn dort auch im ungewissen. Die akteulle Forschung geht aber davon aus, dass die Prägetätigkeit in Enns vermutlich schon vor 1150 aufgenommen worden ist.
In beiden Münzstätten prägten also Markgrafen (Babenberger und Otakare) - auf beide könnte das Aversbild, das vermutlichen eben einen Markgrafen zeigt, anspielen. Vierpässe sind eher selten in diesem Raum, finden sich aber, wie Hexaeder bereits festgestellt, nach Koch (K 24) eben in Krems und auch Reiter nach rechts von dieser Machart finden sich dort.
Nun ist es allerdings so, dass Typ K24 nicht unumstritten ist. Koch legt ihn als einziger nach Krems. Dieser Typ mit Kopf im Vierpass, wurde allerdings auch in Meitschenhof in großer Menge gefunden, ebenfalls auch in Fraham. Dieser strittige Typ zeigt auf der Rückseite einen Löwen nach rechts (keinen leopardierten Löwen wie wir es von den Babenbergern kennen). Dieses Löwenmotiv mit Rosetten könnte allerdings aus Regensburg stammen, wo es von Heinrich dem Löwen verwendet worden ist (Emmerig 119) - in diesem Fall spräche das eher für Enns.
Vielleicht sollte man sich in diesem Fall auch nicht so festfahren, eine bestimmte Mzst. ausfindig zu machen - und hoffen, dass evtl. die Zukunft Stücke bringt, die dann doch eine klarere Zuweisung ermöglichen.
Zur Zeitstellung kann noch gesagt werden, dass die Prägung ja noch keine Omegas/(Hufeisen) am Rand zeigt, die erst um 1140/50 systematisch in Verwendung kamen. Daher wäre auch an eine Prägezeit, kurz davor zu denken, evtl. um 1140? Viel früher mit Wahrscheinlichkeit nicht, da spricht der Stil des Pferdes einfach dagegen.
Also als Mzst. würde ich Enns oder Krems annehmen (Tendenz Erstere) - Prägung um 1140.
Zu den Motiven allerdings noch etwas was mir so auffällt.
Der Vergleich mit den Prägungen (Cach 424) unter Borivoj II. (1117-1120) ist sehr gut. Aber auch die Rückseite findet in Böhmen sei Vorbild, nämlich unter Cach 549, aus der Zeit Wladislaus I. (1109-17/1120-1125), da sehen wir ja auch zwei Gestalten auf einem Pferd.
Es zeigt sich wieder einmal, dass so wie in vielen anderen Fällen, die Motive der böhmischen und mährischen Denare nach Süden gewandert sind und eben in den Mzst. Krems, Enns und Neunkirchen übernommen wurden.
Natürlich kann auch eine ähnliche parallele Entwicklung in unterschiedlichen Gegenden unabhängig von einander stattfinden - Herzogsdarstellungen oder die von Heiligen oder Bischöfen sind ja meist Standarddarstellungen. Sobald aber andere Motive oder Bildelemente vorkommen (Herakles, oder eben Engel mit Kind usw.), die nun doch spezieller sind, sollte durchaus in Erwägung gezogen werden, dass es hier evtl. einen gewissen Zusammenhang zwischen, auf den ersten Blick, voneinander unabhängigen Mzst. geben könnte.
Es wäre echt tollt lieber Walker, wenn du ein etwas besseres Foto und die Maße und das Gewicht hier noch angeben könntest - ich denke, da würden sich sehr viele darüber freuen!
Liebe Grüße und schönen Sonntag
Asuryan