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Kipper und Wipperzeit in Tirol
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Autor:  rainschnarcher [ 6. Jan 2011, 17:04 ]
Betreff des Beitrags:  Kipper und Wipperzeit in Tirol

Kipper und Wipper :
Der Name bedeutet kippen (norddeutsch beschneiden) und wippen (betrügerisches Abwiegen) der Münzen.
Im späten 16. Jahrhundert und frühen 17. Jahrhundert mit Höhepunkt 1621 - 1623 gab es eine gigantische Infation in Mitteleuropa. Bekam man in Tirol im Jahre 1577 noch für 70 Kreuzer einen Taler mußte man im Frühjahr 1622 für den Taler 600 Kreuzer bezahlen.
Andernorts war es noch schlimmer, da ging der Kurs bis 1000 Kreuzer für den Taler.

In dieser Zeit wurden dann immer schlechtere Münzen geprägt. Tirol konnte sich dieser Entwicklung lange entziehen und prägte den Taler auch in der ärgsten Inflationszeit nach der Münzordnung von 1577.
Leider wurden die meisten dieser Taler zur Kriegsführung des Kaisers verwendet und verließen Tirol sofort.

Um den Bedarf der tiroler Bevölkerung zu decken und die riesige Kluft zwischen Kreuzer und Taler zu überbrücken wurde notgedrungen auch bei uns 1621 ein neues Münzsystem geschaffen, welches sich am Rechengulden orientierte und folgende Münzen beinhaltete:
120 Kr., 60 Kr., 30 Kr., 6 Kr., 4, 3, 2, 1 Kr. und ein Vierer.

Diese Münzen wurden unter Ehz. Leopold V. für die heimische Bevölkerung 1621, 1622 u. 1623 in Hall geprägt.
Abgesehen von den Kreuzern und Vierern sind die Tiroler Kippermünzen sehr selten und durch den geringen Silbergehalt kaum in guter Erhaltung noch existent.

Ein solcher Kippergulden ist mir nun kürzlich zugefallen und ich möchte euch das seltene Exemplar hier vorstellen.

Kippergulden zu 60 Kreuzern 1621
M.T. 430
Dm.: 35,5mm , 11,30g
Umschrift : 1621 MONETA NOVA TIROLENSIS / PIETAS AD OMNIA UTILIS

Dateianhänge:
Kippergulden 1621  .jpg
Kippergulden 1621 .jpg [ 107.41 KiB | 14013-mal betrachtet ]

Autor:  payler [ 6. Jan 2011, 17:15 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

Toller Artikel, interessante Münze.
Danke dafür!

Autor:  Walker [ 6. Jan 2011, 17:33 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

Hallo,

ein sehr interessantes und schönes Stück!
Bei Lanz (Auktion 113) ist so ein Kippergulden 1621 versteigert worden :shock:
http://www.lanzauctions.com/catalogs/vi ... &lot=00062

Grüsse Walker

Autor:  Gerhard Schön [ 7. Jan 2011, 14:38 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

rainschnarcher hat geschrieben:
Der Name bedeutet kippen (norddeutsch beschneiden) und wippen (Abwiegen) der Münzen.
Es ist wohl nicht auszurotten, dass (uit)kippen (aussortieren) immer wieder mit klippan (mit der Schere schneiden) verwechselt wird. Hier geht es wirklich um das Wiegen und anschließende Aussortieren der schwereren Stücke zum Einschmelzen. Mit dem Beschneiden von Münzrändern haben sich die Kipper und Wipper praktisch gar nicht befasst.
Gruß,
gs

Autor:  rainschnarcher [ 7. Jan 2011, 20:08 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

Hallo Gerhard,

da einer ja nicht alles wissen kann muß man sich manchmal schlau machen.

In meinem Fall Wikipedia :
"Der Name leitet sich von der Praktik der betrügerischen Münzentwertung ab, nämlich dem Wippen, bei dem vollwertige Münzen mittels einer Schnellwaage aussortiert wurden, um sie dann entweder einzuschmelzen oder sie an den Rändern zu beschneiden, zu kippen (niederdeutsch für „beschneiden“), und mit dem so gewonnenen Metall unter Zugabe von Kupfer neue Münzen herzustellen."

Klingt ja nicht unvernünftig.

Gruß
rainschnarcher

Autor:  Gerhard Schön [ 7. Jan 2011, 22:51 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

rainschnarcher hat geschrieben:
Klingt ja nicht unvernünftig.
Stimmt aber dennoch nicht. Habe den Wikipedia Artikel jetzt korrigiert. Mal sehen, ob die Weisheit der Massen die Wahrheit verträgt.
Gruß,
gs

Autor:  Afrasi [ 8. Jan 2011, 00:24 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

Moin!

Zumindest kann ich als Niederdeutscher bestätigen, dass kippen nichts mit schneiden zu tun hat. Auch auf Friesisch heißt schneiden nicht kippen, sondern knife, kniefe oder kniewe (daher auch engl.: knife).

Tschüß, Afrasi

Autor:  otakar [ 8. Jan 2011, 01:41 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

Hallo Freunde!
Also ich höre das zum ersten Mal, dass man das Kippen als "Beschneiden" interpretiert. Ein Blick in das Münzlexikon von Kahnt bestätigt, dass "Kippen" mit "Aussondern" gleichzusetzen ist. Man darf wirklich nicht alles für bare Münze nehmen, was in Wikipedia so geschrieben wird. Das Beschneiden wäre ja auch unlogisch. Eine beschnittene Münze erkennt man sofort und kann den Gewichtsverlust feststellen. Die wirkliche Sauerei beginnt ja, wenn man die Münze einschmilzt, den Feingehalt herabsetzt und mit etwa gleichem Raugewicht wieder ausprägt und so aus 3 Münzen 4 oder mehr macht. Damit lässt sich die breite Masse leicht betrügen.
LG.
OTAKAR

Autor:  rainschnarcher [ 8. Jan 2011, 15:59 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

Lieber Gerhard und Münzfreunde,

da hab ich wieder was gelernt und gleich weiter nachgedacht.
Wenn ich mir so einen Wipper vorstelle frage ich mich warum der überhaupt die Münzen abwiegt. Den Feingehalt kann er so ja wohl nicht bestimmen.
Was sortiert er also mittels Waage aus ?
Oder geht es einfach nur um eine manipulierte Waage um die Kunden zu betrügen ?

Lg. rainschnarcher

PS.: In Wikipedia konnte ich keine Änderung des Textes betreffs "Kipperzeit" bemerken.

Autor:  helcaraxe [ 8. Jan 2011, 16:22 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Kipper und Wipperzeit in Tirol

Du must auf "Ungesichtete Änderungen" klicken, dann bekommst die aktuellste Version des Textes:

http://de.wikipedia.org/w/index.php?tit ... edirect=no

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