Ich möchte hier mal ein paar Rechenpfennige aus den Niederlanden vorstellen, die hinsichtlich ihrer Gestaltung und Thematik in die Blütezeit dieser Geldzeichen fallen. Sie stehen mitten im 80-jährigen Krieg (1568 bis 1648), der zwischen der spanischen Krone und der Republik der sieben Provinzen der Vereinigten Niederlande ausgetragen wurde. Die Einleitung mit einer Medaille ist dabei viellecht etwas merkwürdig, aber ich finde, sie paßt ganz gut in den Kontext. Es handelt sich um ein imposantes, sehr seltenes Stück, und mir wäre es viel zu teuer gewesen. Aber weil die Landkarte einen Bereich zeigt, an dessen Peripherie ich mich häufig bewege, fand ich es interessant und durfte es vor ein paar Jahren bei einem freundlichen Händler fotografieren.
Moritz von Oranien, Graf von Nassau 1567-1625, Statthalter der Niederlande.AR-Medaille 1597 (o.Sign.) auf seinen Sieg bei Turnhout über die Spanier, sowie die Einnahme der Städte Lingen, Alpen, Berg, Moers, Brefort, Grolle, Goer, Enschede, Oldenzaal, und Ootmarsum. Kat.: v.Loon I,S.497XI, Hawkins Tfl.XXII,12, KPK 419. 51,4mm,45,43gr., Sehr selten.
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Av. Waffentrophäe mit Schild vor Landkarte mir den Flüssen Ems, Rhein und Maas, sowie die Ansichten der zehn eroberten Städte. Darüber die Inschrift DEO OPT(imo) MAX(imo)
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Rv. Sieben Zeilen Schrift: SIGNIS AD TVRNHOVT NOVEM ET TRIGINTA POST OPPIDIS TRANS RHENVM TRIBVS CIS SEX HISPANO TRIMESTRI EREPTIS. Ex. CID . ID . XCVII . S . C . (frei übersetzt: In drei Monaten mit 39 Fähnlein bei Turnhout von den Spaniern die Feldzeichen, drei Städte diesseits und sechs Städte jenseits des Rheins erobert. M D XCVII / 1597 / S. C.)
Die Schlacht von Turnhout blieb im Rückblick letztlich ohne größere Bedeutung für den Verlauf des Krieges. Für die Zeitgenossen sah das anders aus: Eine Minderzahl von 800 Berittenen und 200 Musketieren, darunter englische und französische Kontingente, schlugen 5000 spanische Infanteristen in die Flucht. So wurde das Ereignis nicht nur auf Medaillen gewürdigt, sondern fand seinen Weg auch auf die Rechenpfennige, die ein viel größeres Publikum erreichten.
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Rechenpfennig 1597. Sieg bei Turnhout unter Moritz von Oranien. Av. Angreifende Reiter und Musketiere verfolgen fliehende Spanier, im Hintergrund die Stadt Turnhout. VICTORIA TVRNOTANA 24. IANVARII. 1597. Rv. Drei Wappen durch ein Band zusammengehalten - hier haben wir das Wort „Bündnis“ im Wortsinn - für Frankreich, England und die Vereinigten Niederlande. A DOMINO FACTVM EST ISTVD. Dugn(iolle). 3412.
Im Vorfeld der Schlacht von Turnhout entstand der folgende Rechenpfennig. Wachsamkeit wird hier gegen Tücke und Verrat - im zeitlosen Bild des Trojanischen Pferdes - gestellt. Hintergrund sind Angebote zu Friedensverhandlunge seitens der Niederlande, die von spanischer Seite hinausgezögert und durch militärische Aktionen unterlaufen wurden. Auch dieser Rechenpfennig spiegelt also zeitgenössische Propaganda.
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Rechenpfennig 1595. Wächter mit Muskete und Laterne auf einem Turm, im Hintergrund Stadt. NON CVRAS PONO QVIETIS (Du sorgst nicht, solange es ruhig ist) MDXCV. Rv. Das hölzerne Pferd inmitten der brennenden Stadt Troja, kämpfende Menschen. FAELIX QVEM FACIVNT ALIENA PERIC CAVTVM (Glücklich derjenige, den die Gefahren anderer vorsichtig machen). Dugn(iolle). 3394.
Der letzte Rechenpfennig, den ich hier vorstellen möchte, entstand 1608 im Vorfeld eines 12-jährigen Waffenstillstands. Die Botschaft ist - Bereitschaft zum Frieden wie zum Krieg, wie es dem Allmächtigen - nicht den Spaniern - gefällt. Das Revers zeigt ein Bündel mit sieben Pfeilen ( für die sieben Vereinigten Provinzen) in der Bedeutung „Vereint sind wir stark“. Die abwärts gerichteten Pfeile signalisieren die Bereitschaft zum Frieden. Auch hier lehnt man an antike Vorbilder an.
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1608_Rpf_Fortitudo-n.jpg [ 97.58 KiB | 30661-mal betrachtet ]
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Rechenpfennig 1608. Betender Mann steht unter strahlender Wolke mit dem hebräischen Namen Jahwe zwischen zwei Armen, die ihm einen Olivenzweig bzw. ein Schwert anreichen. FIAT VOLVNTAS TVA MDCVIII. Rv. Pfeilbündel zwischen S.-C FORTITVDO BELGICA. Dugn(iolle). 3628.
Alle drei Rechenpfennige zeigen als Mzz. die Rose von Dordrecht und damit ihre Herkunft an. Das S.C. auf Rechenpfennigen und Medaillen besagt, daß diese Stücke - in Anlehnung an das SC auf römischen Münzen - im Auftrag des Obersten Rats der Stände der sieben Provinzen gefertigt wurden.
Mir ging es hier nicht um eine Darstellung von Zweck und Verwendung der Rechenpfennige, sondern um einen Blick auf ihre Signalwirkung im zeitgenössischen öffentlichen Leben. Nur eine Vermutung von mir ist, daß in der Verbindung von Bild und Text (Umschrift) nahezu alle Schichten der Bevölkerung - nämlich Unbelesene wie Lesekundige - angesprochen werden konnten.
Gruß klaupo