Bekanntlich prägten die Kushan überwiegend in Kupfer und - beginnend mit
Vima Kadphises (ca. 100-128 AD) - in Gold. Silber spielte in ihrer Münzprägung kaum eine Rolle. Die Frage nach der Beschaffung des Edelmetalls findet eine interessante Antwort. Unter Vima Kadphises war das Kushan-Reich zur mächtigsten Großmacht Mittelasiens aufgestiegen. Verbunden damit war die Kontrolle der Seidenstraße und der Handel von Luxus-Gütern wie z.B. Seide und Gewürze ins Römische Reich, der mit römischem Gold vergütet wurde. Nicht von ungefähr erreichte während der Regierungszeit Trajans erstmals eine Gesandtschaft von Diplomaten der Kushan Rom. Das römische Gold wurde von den Kushan umgemünzt in drei Nominale – den Dinar mit dem Standardgewicht von 8 Gramm, als Teilstück den ¼ Dinar und – in erheblich geringerem Umfang - den Doppeldinar. Die folgende Abb. mag diese Handelsbeziehung illustrieren – die beiden Münztypen entstanden ungefähr zeitgleich. Für den Dinar des Vima Kadphises mußte ich allerdings auf ein Buch zurückgreifen, das ich vor vielen Jahren antiquarisch erwarb, als hier noch kaum jemand von den Kushan gehört hatte. Meine Sammlung weist hier eine (dauerhafte) Lücke auf.
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1979_Kunst_der_Kuschan_Kombi_n.jpg [ 113.32 KiB | 22393-mal betrachtet ]
Kunst der Kuschan, VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1979, 223 Seiten. Übertragung aus dem Russischen: Alexander Häusler. Deutsche Bearbeitung und Register: Lisa SchirmerNach diesem Ausblick auf den Aufstieg des Kushan-Reichs folgt hier nun ein Blick auf den Niedergang. Der folgende Dinar des
Vasudeva I. (ca. 195-230) ist ein sehr häufiger Typ und wurde bereits von @otakar gezeigt. Aber schöne Münzen kann man sich ja ruhig in zwei Versionen ansehen, und ich bin der Ansicht, daß der Stempelschneider hier eine sehr ansprechende Arbeit abgeliefert hat.
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195-230_Vasudeva_I_Bull_Dinar_n.jpg [ 112.19 KiB | 22393-mal betrachtet ]
Zitat:
Kushan, Vasudeva I., AV Dinar 195-230 AD, (Mst. Pushpapura / Kabul?). Av. König steht l., hält Dreizack, die rechte Hand über einem Altar. Im Feld r. Nandipada-Symbol. Rv.Shiva und Stier (Nandi), 3 Kugeln im Feld vor Nandi. 8,02 g, 23 mm. Göbl #642 (Münzprägung des Kushanreiches, Wien 1984).
Nach dem Tod des Vasudeva I. zerfiel das Reich der Kushan. Dieser Zerfall ereignete sich in etwa zeitgleich mit dem Aufstieg der Sasaniden. Unter
Ardashir I. (224-241 AD), den ich hier kurz vorstellen möchte, eroberten sie Baktrien und Nordindien,.
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224-241_Ardashir_I_Parthian-Style_n.jpg [ 113.54 KiB | 22393-mal betrachtet ]
Zitat:
Reich der Sasaniden – Ardashir I (224-241 AD), Billon Tetradrachme. Av. Bärtige Büste mit Mitra im parthischen Stil nach r. Pahlavi Legende. Rv. Feueraltar ohne Assistenzfiguren; Pahlavi Legende. 11,59 gr, 27 mm. Alram Iie/3a, Tf. 3,36; MAC 784-6 var. (dort Potin).
Der südliche Teil dieses Gebiets der Kushan verblieb unter direkter Kontrolle der Sasaniden, während im Norden sasanidische Adelige – bezeichnet als Kushanshahs oder Kushano-Sasaniden – die Region als Vasallen regierten. Letztere wurden hier bereits ebenfalls schon vorgestellt. Ich füge mein Stück dennoch an, da ich noch ein paar Anmerkungen zufügen möchte.
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230-ff_Vasudeva_Imitation_Swastika_n.jpg [ 111.32 KiB | 22393-mal betrachtet ]
Zitat:
Kushano-Sasaniden, AV-Dinar, ca. 230-260 AD, Vasudeva-Kopie (Mst. Kabul?). Av. König steht l., hält Dreizack, die rechte Hand über einem Altar. Swastika zwischen den Füßen des Königs. Im Feld r. Nandipada-Symbol. Rv.Shiva und Stier (Nandi), Sichel auf der Stirn der Gottheit. Leichter Doppelschlag. 8,05 gr, 25 mm. Cribb 56. (Mitch ACW: 1263)
Göbl datiert die Regierungszeit der Kushan-Könige etwas anders. Er legt das erste Regierungsjahr von
Kanishka auf das Jahr
230 AD. Gegenwärtig verlegt die Mehrheit der Numismatiker dieses erste Regierungsjahr jedoch auf ein Jahr um
128 AD. Göbl datiert daher nach seiner Vorgabe das o.a. Stück wie folgt:
Zitat:
KUSHAN, Vasu Deva II (312-350), AV dinar, c. 338-350, Kabul. 2. Periode, 2. Emission der Gruppe mit Swastika, 1. Offizin. Göbl, Kushan, 680.6.
Ausschlaggebend für die Zuweisung des Typs zu den Kushano-Sasaniden sind jedoch die
Swastika zwischen den Füßen des Königs im Av. Sowie die
Sichel auf der Stirn der Gottheit im Rv.Die Swastika ist auch auf dem Stück von @otakar noch gut zu erkennen.
Abschließen möchte ich meinen Exkurs über den Dinar der Kushan mit einem Kuriosum aus der Gegenwart.
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195-230_Vasudeva_Modern_Imitation_n.jpg [ 85.64 KiB | 22393-mal betrachtet ]
Ob es sich bei dieser Nachahmung (Bronze, vergoldet, 4,27 gr, 20 mm) um den verunglückten Versuch einer Fälschung oder gar um eine Spielmarke handelt – aus welchem Winkel der Erde auch immer, kann ich beim besten Willen nicht beantworten.
Gruß klaupo