Zum Münzherrn von
Ratlam - Raja Ranjit Singh (VS 1921-1950 / 1864-1893 AD) - hat sich nun doch etwas Material gefunden, etwa der Hinweis, daß er beim Delhi Durbar 1880 mit 11 Kanonenschüssen geehrt wurde. Auch sein Portrait ist hier zu besichtigen.
http://www.royalark.net/India/ratlam4.htmDieser Verweis auf das Portrait kommt nicht von ungefähr, denn von der
Turbanzier wird gleich noch die Rede sein. Das Fürstentum
Bikanir, dessen Herrscher ebenfalls Rajputen aus einem anderen Zweig der Rathor Dynastie waren, liegt im Norden von
Jodhpur, während Ratlam im Süden liegt. Als Staat entstand Bikanir im 15. Jahrhundert. Unter den Moghulen pflegte das Haus enge Beziehungen ( durch Verträge und Eheschließungen) zum Hof, und Münzen wurden im Namen des Moghul-Kaisers geprägt. Das blieb auch vorläufig so, als Bikanir 1818 unter die Kontrolle der Briten geriet. Erst ab 1859 wurde auf den Münzen durch die Avers-Legende die britische Dominanz anerkannt:
"aurang arai hind-o-inglistan, queen Victoria, 1859" i.e. "Königin Victoria, Zierde des Throns von Indien und England, 1859".
Dateianhang:
1859-AD_1916-VS_Paisa_Rupee_Bikanir_n.jpg [ 100.89 KiB | 22428-mal betrachtet ]
Links: Bikanir, 1916 VS / 1859 AD, Paisa, geprägt unter Sardar Singh (1861-1872 AD) KM#41
Rechts: Bikanir, (1916 VS / 1859 AD), date missing, Rupee, geprägt unter Dungar Singh (1872-1887 AD) KM#54
Wie üblich sind die Legenden auf den Umlaufstücken nur fragmentarisch zu lesen. Vollständige Legenden weisen lediglich die Nazarena-Prägungen auf. Das Prägejahr ist "frozen", also unabhängig vom tatsächlichen Prägejahr verwendet.
Interessant erscheint mir das Revers dieser Münzen, denn abgesehen von der Legende "
zarb shri Bikaner, sanah 1916", i.e. "geprägt in Bikanir 1916" zeigt es eine Reihung von Herrschersymbolen, die auch dem Leseunkundigen (wie mir) eine eindeutige Zuweisung ermöglichen. So zeigt z.B. auf der Abb. oben die Paisa vier Symbole, die Rupee dagegen fünf. Die für westliche Augen ungewohnte archaische Darstellung hat dabei immer wieder zu Fehldeutungen geführt, was da eigentlich dargestellt ist. Es gibt jedoch eine Münze des vorletzten Herrschers von Bikanir, Ganga Singh (1887-1942), die durch ihre "moderne" Darstellung im Revers eindeutig Aufschluß gibt.
Dateianhang:
1937_50th_Anniversary_Ganga_Singh_Bikanir_n.jpg [ 111.57 KiB | 22428-mal betrachtet ]
Zitat:
Ganga Singh 50th Anniversary rupee, VS 1994. Obv. Bust of Ganga Singh facing, Nagari legend around: maharajadhiraja sri ganga singhji bahadur Rev. Cypher GS under a canopy, legend - interrupted by rulers symbols - around: raj sri bikaner / ganga shahi ek rupaya, with VS date 1994 / 1937 AD. (Bombay Mint). KM#Y19.
Die Herrschaftszeichen sind gegen den Uhrzeigersinn beginnend bei 11h wie folgt angeordnet:
Pataka oder Dhvaja von Shiva (
Standarte) - Gaj Singh
Trisul (
Dreizack) - Surat Singh,
Kirnia / Sarpech (
Turbanzier, am Hof der Moghul-Kaiser ein Gunstbeweis) - Ratan Singh
Chhatra (
Baldachin bzw. Sonnenschirm, oft als Tempelkuppel gedeutet) - Sardar Singh
Chauri (
Fliegenwedel, oft ein Büschel aus Schwanzhaaren des Yak) - Dungar Singh
Morchhal (
Fächer aus Pfauenfedern) - Ganga Singh.
1876 boten die Briten den indischen Fürstentümern an, deren Münzgeld gebührenfrei zu prägen:
"An Act to enable the Government of India to declare certain coins of Native States to be legal tender in British India". Dieses Angebot war jedoch an Bedingungen geknüpft:
a) Coins to be struck in any mint of British India;
b) fineness and weight had to be identical with that prescribed for the Government of India issue;
c) obverse and reverse designs had to differ from the coins made or issued in the Native States;
d) value had to described in the English language;
e) the Native State had to suppress its mint or mints for a period of not less than thirty years; and certain other clauses regarding legal tender.Bikanir nahm dieses Angebot an, und so fndet sich im Rahmen dieser "
Vertragswährung" (Treaty Coinage) die bekannte Rupee mit dem Portrait der Kaiserin Victoria im Avers (KM#72).
Dateianhang:
1892_Rupee_Bikanir_Victoria_n.jpg [ 117.82 KiB | 22428-mal betrachtet ]
Wenn man das Revers der Münze betrachtet, weiß man nun auch die beiden merkwürdigen Objekte zu deuten, die den Mittelkreis flankieren - als
Morchhal, den
Fächer aus Pfauenfedern, das Herrschaftszeichen des Maharajas Ganga Singh.
Gruß klaupo