Angeregt durch eine, wie ich meine, unzulängliche Darstellung dieses interessanten Themas in einem anderen Forum, konnte ich es nicht lassen, genauer zu recherchieren, um Euch das Ergebnis hier präsentieren zu können.Während in der Zeit der römischen Republik die Kommission der
„Tresviri monetales“ für die Münzprägung verantwortlich war, so trat an deren Stelle in der Kaiserzeit eine allmählich immer straffer durchgegliederte Organisation der kaiserlichen Verwaltung, welche allerdings nach Quellenlage erst ab der Zeit Trajans (98 bis 117 n. Chr.) nachweisbar ist.
Die Organisation römischer Münzstätten selbst ist uns durch zahlreiche Quellen bekannt. Münzherr im eigentlichen Sinne war der Kaiser selbst, wenn auch der Senat immer als Kontrollinstanz fungierte. Das Geldwesen und damit auch die Münzprägung unterstand dem
"Praefectus monetae", dem Ressortleiter der gesamten kaiserlichen Finanzverwaltung. Er trug den Titel
„Rationalis oder a rationibus“ und war vom Senat bzw. Kaiser mit der administrativen Leitung der Münzprägung und Verteilung im römischen Reich betraut. In der Regel entstammte er dem Senatoren- oder Ritterstand. Diesem wiederum untergeordnet waren, hierarchisch gestaffelt, der
"Procurator monetae" und die einzelnen
"Officinatores" usw. usf. (Erläuterung siehe unten).
Jede Münzstätte bzw. Werkstatt verfügte über verschiedene, spezialisierte Fachkräfte, die mittleren und unteren Münzarbeiter (siehe Bild 1). Bei diesen handelte es sich in der frühen Kaiserzeit meist um „Freigelassene“ (felix augusti libertus) und Sklaven. Sie gehörten zur
„familia monetalis oder familia monetaria“, die mit dem Zwang zur erblichen Berufsfolge unter Kaiser Aurelianus (270 bis 275 n. Chr.) einen zunftähnlichen Charakter annahm.
Oberaufsicht über das Geldwesen:praefectus monetae – Präfekt für das Geldwesen, eine Art von Geldminister oder Staatssekretär für Geldwirtschaft (lat. praeficere = vorsetzen).
Leitung einer Münzstätte:procurator monetae – Verwalter einer Münzstätte, der mit der administrativen Leitung einer Münzstätte betraut war (lat. procurare = nhd. verwalten).
optio et exactor auri, argenti aeris – Oberster Münzmeister, der für die technische Leitung einer Münzstätte und deren Werkstätten (officinae) zuständig war (lat. optio = nhd. Stellvertreter). Außerdem gehörte zu seinen Aufgaben auch die Kontrolle der verwendeten Kupfer-, Silber- und Goldlegierungen. (lat. exigire = nhd. genau abmessen, prüfen, beurteilen). Quelle: CIL XIII 1820.
officinator – Münzmeister, der für die technische Leitung einer einzelnen Werkstatt (officina) innerhalb einer Münzstätte (moneta) zuständig war.
Herstellung der Münzstempel:praepositus – Vorsteher, ein kunstverständiger Vorgesetzter, der für die Qualität der Gravuren zuständig war (lat. praeponere = nhd. vorstehen).
signator – Stempelschneider, Münzarbeiter, der für die Gravur der Legenden zuständig war (lat. signare = nhd. mit einem Zeichen versehen, einschneiden).
scalptor – Graveur, Münzarbeiter, der die Portraits in die Münzstempel gravierte (lat. scalpare = nhd. gravieren, eingraben, stechen).
Münzprägung:flator argentarius aerarius – Münzarbeiter, der den kupfernen oder silbernen Münzschrötling goß ((lat. flare = nhd. gießen, schmelzen und nhd. zum Kupfererz und Silber gehörig). Quellen: CIL II 5181, CIL VI 1647 = CIL X 1710, 9418 f.
scalptor sacrae monetae – Münzarbeiter, der den Münzstempel gravierte; Metallschneider bzw. Münzschneider (lat. scalpere = nhd. gravieren, eingraben, stechen). Quelle: CIL VI 8464.
suppostor – Münzarbeiter, der den Schrötling über den Unterseitenstempel hält (lat. supponere = nhd. unterlegen, hinzufügen, zureichen, an die Stelle setzen). Quelle: CIL VI 42 – 44.
aequator – Münzarbeiter, der für die Justierung von Prägestempeln und Münzschrötlingen zuständig war (lat. aequare = nhd. gleichmachen, geradestellen, auf gleiche Stufe stellen).
malleator monetae – Münzarbeiter, der mit dem Hammer auf die Münzstempel schlägt (lat. malleare = nhd. hämmern, zuschlagen). Quellen: CIL VI 44, CIL XIII 6619. Literatur: RE Suppl. V 649.
signator – Münzarbeiter, der für die Münzprägung zuständig war (lat. signare = nhd. stempeln, prägen). Quelle: CIL VI 42 – 44.
monetarius – Arbeiter in einer Münzwerkstatt (von lat. moneta = nhd. Münzwerkstatt, Münze). Quellen: CIL VI 2476, 8457, 8458, 8459, 8460, CIL XIII 2177. cf. 1820.
mediastinus – Gehilfe der spezialisierten Münzarbeiter.
Qualitätskontrolle, Buchführung und Auslieferung:dispensator – Kassierer oder Zahlmeister, der die gefertigten Münzen übernahm, Bestands- und Lagerlisten anfertigte und schließlich die Münzen, in versiegelten Leinensäckchen (siehe Photo 3) verpackt, zur Auslieferung vorbereitete.
aequator monetae – Münzprüfer. Quelle: CIL VI 44, CIL XIII, 1820.
nummularius – Geldwechsler, Münzprüfer. Quelle: CIL VI 298, 8463.
Quellen und Sekundärliteratur:1. Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL). Das „Corpus Inscriptionum Latinarum“ (CIL) ist eine umfassende Sammlung antiker lateinischer Inschriften. Als Dokumentation aller erhaltenen öffentlichen und privaten Inschriften eine unverzichtbare Quelle für das Leben im Römischen Reich und die römische Geschichte. Link mit Konkordanzen zum Herunterladen:
http://cil.bbaw.de/dateien/konkordanz.html2. G. Wissowa/W. Kroll/K. Mittelhaus/K. Ziegler/H. Gärtner (Hrsg.), Paulys Realencyclopädie der classischen Altertums-wissenschaft (RE), Metzler Verlag, Stuttgart 1983 – 1990.
3. K. Ziegler/ W. Sontheimer/H. Gärtner (Hrsg.), Der Kleine Pauly, Lexikon der Antike, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2009.
4. Karl Christ, Antike Numismatik. Einführung und Bibliographie, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1991, S. 9 – 100.
5. Harald von Petrikovits, Die Spezialisierung des römischen Handwerkes, in: Beiträge zur Römischen Geschichte und Archäologie II, Rheinland-Verlag, Köln 1976 und 1991.
6. H. Jankuhn/W. Janssen/R. Schmidt-Wiegand/H. Tiefenbach (Hrsg.), Das Handwerk in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen 1981, S. 63 – 132.
Photo 1 zeigt von links nach rechts folgende Münzarbeiter: „malleator monetae“, „suppostor“, „aequator“; im Hintergrund einen „mediastinus“; ganz rechts den „flator argentarius aera