Zunächst einige Informationen zu den Gründen dieser Münzhalbierungen, die überwiegend in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. auftraten. Sie stehen in direktem Zusammenhang mit der allmählichen Ausdehnung des Einflussgebietes Roms, welches sich von einem kleinen, unbedeutenden Stadtstaat am Unterlauf des Tibers zur italischen Hegemonialmacht; und in der Zeit des Augustus gar zur antiken Großmacht zu entwickeln begann.
Die Sesterze, Dupondien, Asse und Quadranten, die in der Münzstätte Rom geprägt wurden, waren zunächst für die Hauptstadt selbst und Italien bestimmt. Ihr Gebrauch verbreitete sich nur allmählich auch in den westlichen Provinzen. Im Osten des Imperiums waren Erzmünzen aus der Münzstätte Rom nahezu unbekannt. Alle Arten von Gemeinwesen, vor allem aber Städte prägten hier ihr eigenes Kleingeld in Bronze, Messing und Kupfer. Um die Ausrichtung von Soldzahlungen an das Militär zu gewährleisten, ließ Augustus daraufhin Bronzemünzen (Nemausus) und Kupfermünzen (Lugdunum) prägen. Aus dem selben Grund, nämlich dem permanenten Mangel an kleinen Einheiten (Nominalen), blieben auch z. B. republikanische Asses aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. bis in die frühe Kaiserzeit in Umlauf.
In Gebieten, in denen der Kleingeldmangel besonders groß war, begann man deshalb vor allem Asses zu halbieren. Halbierte römische Münzen sind vor allem aus Gallien und dem zentraleuropäischen Limesgebiet in großen Mengen bekannt und publiziert, treten aber keineswegs nur dort auf. Es gab zwei Arten der Halbierung, die mit den unterschiedlichen Gewichten und dem Durchmesser der Module zusammenhingen; und die fast ein ganzes Jahrhundert lang angewendet wurden. Gewöhnlich wurde die Halbierung vorgenommen, in dem Sextantes, Unicae und in Einzelfällen auch Semunicae (Asses) entlang der vertikalen Achse, zwischen den beiden Hälften des Januskopfes oder zwischen den beiden Häuptern spätrepublikanischer Provinzbronzen des Octavian (siehe Abb. 1), in zwei Hälften geteilt wurden. Die Halbierung spätrepublikanischer Provinzbronzen, insbesondere aus den Münzstätten von Nemausus und Lugdunum wird allgemein in die Zeit um 20 v. Chr. datiert und fällt mit der Münreform des Augustus zusammen, der einen neuen Typus von As einführte, das weniger als eine Semunica wog und auf der Vorderseite nur einen Kopf bzw. Büste trug.
Die älteren Asses mit Januskopf wurden zu Dupondien umgemünzt und nach der Halbierung wieder zu Asses. Solche halbierte Asses wurden zu Hunderten im Westen gefunden. Die zweite Art der Halbierung fand unter Tiberius statt und betraf vor allem Reform-Asses des Augustus und Tiberius, sowie Provinzasses aus den gallischen Münzstätten (siehe Abb. 2). Dies scheint überwiegend in den Militärlagern entlang des Rheins der Fall gewesen zu sein und diente demselben Zweck, nämlich genügend Kleingeld in Umlauf zu bringen. Erst in der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. kam es, auf Grund eines kontinuierlichen Anwachsens der Münzprägung, zu einer Vereinheitlichung der zirkulierenden Münzmenge.
Agrippa & Augustus (siehe Abb. 1) Æ As (halbiert), Nemausus ca. 20 – 10 v. Chr. Av: [IMP DIVI F / P – P] / dazwischen voneinander abgewendete Köpfe des Agrippa mit Rostralkrone und des Augustus, barhäuptig. Rv: [C]OL – NEM / Palme, sich nach links neigend, Krokodil daran angekettet, l. Kranz mit langen Bändern. Gewicht: 3,99 (= 11,4) g. Durchmesser: 23 mm. Dicke: 2,0 mm. Cohen 8, RPC 523, RIC 157. Grüne Patina.
"Asses aus Nemausus" zeigen auf der Vorderseite die Köpfe von Augustus und Agrippa, auf der Rückseite ein Krokodil, das an eine Palme gekettet ist, was als eine überdeutliche Anspielung auf den epochalen Sieg Roms über die ägyptische Königin Kleopatra und ihren Geliebten Marc Anton in der Seeschlacht bei Actium am 2. September 31 v. Chr. Gedeutet wird. Agrippa trägt dabei die „Corona navalis“, eine mit Schiffsschnäbeln oder den Rammspornen antiker Galeeren verzierte Ehrenkrone. Diese Krone wurde als Auszeichnung in Rom äußerst selten verliehen, aber sie ist quasi das Markenzeichen Agrippas, einem der erfolgreichsten Flottenkommandanten Roms.
Fortfahren will ich mit einer kleinen "Kuriosität", nämlich einem halbierten Lugdunum-As des Tiberus. Das As weist ein halbes Dutzend Rillen auf, die von mehreren vergeblichen Versuchen zeugen, den As zu halbieren.
Tiberius (siehe Abb. 2) Æ As (halbiert), Lugdunum 8/12 – 14 n. Chr. (geprägt unter Augustus) Av: TI CAESAR AVGVST – F IMPERAT [V oder VII] / Kopf mit Lorbeerkranz n. r. Rv: Ohne Umschrift / Altar von Lugdunum. Im Abschnitt ROM ET AVG. Gewicht: 6,61 g. Durchmesser: 26 mm. RIC 238a/245; RSC 33/37, Kampmann 5.13.
mit freundlichen Grüßen Justus
Literatur: 1) C. N. L. Brooke/B. H. I. Stewart/J. G. Pollard/. R. Volk, Studies in Numismatic Method: Presented to Philip Grierson, Cambridge University Press 1983. 2) Kenneth W. Harl, Coinage in the Roman Economy, 300 B.C. to A.D. 700, in: American Journal of Philology 1998. 3) Hans-Markus von Kaenel, Römische Numismatik, in: Einleitung in die lateinische Philologie, B. G. Teubner Verlag, Stuttgart und Leipzig 1997.
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