Zu den historisch bedeutendsten Münzen, die ein deutschsprachiger Sammler von „silberplattierten bzw. subaeraten Denaren“ in seiner Sammlung haben kann, gehören, neben den sog. „GERMANIA CAPTA“ Denaren des Domitian, vor allem die Reisemünzen des Hadrian, die an seine Reise in die germanischen Provinzen im Jahre 120/121 n. Chr. erinnern sollten.
Die Hoffnung, eine dieser Münzen irgendwann einmal in meine Sammlung einordnen zu können, habe ich nie aufgegeben. Nun ist dieser Wunsch vor einigen Tagen in Erfüllung gegangen.
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Hadrian - GERMANIA RIC 302b_opt(2).jpg [ 117.04 KiB | 9347-mal betrachtet ]
HadrianSilver plated Denarius (3,29 g, 19 mm, 15°). Irregular mint. After 131 AD.
Obv. HADRIANVS – AVG COS III P P, head, bare, bust draped right (seen from behind).
Rev. GER – MANIA, Germania standing front, head right, holding spear and resting left hand on shield.
Cf. RIC 302b; Cohen 805.
Die Darstellung der "Germania" bei TacitusIn der Darstellung der Germania mit Schild und Speer, gekleidet mit einem Gewand, das eine Brust unbedeckt lässt, wird der Bericht des P. Cornelius Tacitus über Germanien bestätigt. In ihm beschreibt dieser die Sitten, Gebräuche und Eigenarten der Germanen. Bemerkenswert erscheint ihm die Bekleidung der Germaninnen: ,,Nicht anderes ist die Tracht der Frauen und der Männer, außer dass sich die Frauen häufiger in einen leinenen Überwurf hüllen und diesen mit Purpur bunt färben und dem oberen Teil des Untergewandes keine langen Ärmel geben, nackt am Unter- und Oberarm; aber auch der nächste Teil der Brust ist frei." (1)
(17,3) nec alius feminis quam viris habitus, nisi quod feminae saepius lineis amictibus velantur eosque purpura variant, partemque vestitus superioris in manicas non extendunt, nudae brachia ac lacertos; sed et proxima pars pectoris patet.So berichtet Tacitus im Zusammenhang mit der Kriegsführung auch folgendes: ,,Man erzählt Beispiele, dass Schlachtreihen, die schon wankten und halb geworfen waren, von den Frauen, dadurch wieder hergestellt wurden, dass sie beharrlich flehten, sich mit ihrer Brust entgegenwarfen und auf die ihnen nunmehr drohende Gefangenschaft hinwiesen, die sie für ihre Frauen mit noch viel größerer Unruhe fürchteten ...". (2)
(8,1) Memoriae proditur quasdam acies inclinatas iam et labantes a feminis restitutas constantia precum et obiectu pectorum et monstrata comminus captivitate, quam longe impatientius feminarum suarum nomine timent, adeo ut efficacius obligentur animi civitatum, quibus inter obsides puellae quoque nobiles imperantur.Hadrians Reise in die germanischen ProvinzenFerdinand Gregorovius beschreibt im 9. Kapitel seines Werkes „Der Kaiser Hadrian“, die Reise des Kaisers nach Gallien und Germanien, sowie die Verhältnisse in diesen Provinzen. (3) Im folgenden möchte ich einige Zitate daraus vorstellen:
„Im Jahre 120 oder 121 verließ Hadrian Rom, um seine erste große Kaiserreise anzutreten. Sie galt dem europäischen Westen.“
„Von dort begab er sich nach Germanien. Auf dieses zum größesten Teile noch in geschichtslosem Dunkel liegende Land mit seinen Völkern voll Naturkraft und Freiheitsliebe hatte eben erst Tacitus Rom wieder aufmerksam gemacht. Die Kaiser waren sich stets der Gefahr bewußt, welche von dort her dem Reiche drohte. Schon Cäsar hatte das Rheinufer erobert, um dadurch Gallien zu decken. Augustus wollte Germanien bis zur Elbe besetzen und dort eine eigene Provinz schaffen; doch sein Plan wurde nicht ausgeführt, und die Niederlage des Varus hatte zur Folge, daß Rom die meisten Festungen östlich vom Rhein verlor, bis Domitian die Grenze dort wieder vorschob.“
„Hadrian durchzog das römische Gebiet Germaniens und besuchte die Standquartiere der Legionen und die Kolonien. Spartian hat dieser Reise des Kaisers ein ganzes Capitel gewidmet, aber wenig mehr darin bemerkt, als seine Bemühungen um die Disciplin des Heeres. Seit Octavian standen in beiden Germanien die römischen Kerntruppen, zuerst acht Legionen, dann ihrer weniger.“ (4)
„Hadrian fand die Kriegszucht verfallen; er entfernte aus den Lagerplätzen alles, was die Soldaten verweichlichte. Er bekümmerte sich um ihre persönlichen Verhältnisse, besuchte ihre Hospitäler und sorgte für ihr Wohl, aber er ahndete strenge die Fahnenflucht und untersagte die Mißbräuche des Verkaufs des Urlaubs durch die Officiere. So verfuhr er in allen andern Provinzen. Wir besitzen Tagesbefehle von ihm, und eine Reihe von Militärdiplomen, worin er ausgedienten Kriegern die Civität und das Recht des Connubium erteilt hat. (5) Ein Kriegsfürst ohne Kriege wurde er vom Heere geliebt, und nie hat ihn Furcht vor einer Empörung der Legionen gequält.“
Hadrians Reisemünzen zu GermanienUnd zu den Reisemünzen Hadrians, welche zu den germanischen Provinzen geprägt wurde, die dieser auf seiner Reise besucht hatte, schreibt er folgendes:
„Er sorgte auch für die Ordnung der Finanzen der germanischen Länder. Seine Münzen tragen nur einfach den Namen Germania (GERMANIA) und Exercitus Germanicus (EXERCITVS GERMANICVS). Das Land ist als ein Weib mit Speer und Schild dargestellt.“
„Auf den Heeresmünzen sieht man den Kaiser zu Pferde, die Soldaten anredend. (6) Es gibt aber keine hadrianische Advents- und Restitutionsmünzen für Germanien, und dieser Mangel unterstützt, wenn auch nicht mit Sicherheit, die Ansicht, daß Germania inferior und superior noch nicht ein eigenes Verwaltungsgebiet ausmachten, sondern Belgien zugeteilt waren.“
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(1) Publius Cornelius Tacitus, De origine et situ Germanorum, liber 17,3.
(2) Publius Cornelius Tacitus, De origine et situ Germanorum, liber 8,1.
(3) Ferdinand Gregorovius, Der Kaiser Hadrian, Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart 1884.
(4) Pfitzner S. 136 führt von a. 107–120 in Germania superior auf die legio VIII Aug., XXII Primigenia; in Germ, infer. I Minervia, VI Victrix, XXX Ulpia.
(5) Den Veteranen gab er das Recht über das peculium castrense, ihr im Kriegsdienst erworbenes Vermögen zu testiren. Instit. lib. II, Tit. XII. Renier, Recueil de Diplomes militaires, Paris 1876. Privilegia militum etc. C. I. L. III, 2, S. 843 f.
(6) Eckhel VI, 494.
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Abb. Schild und Speer eines germanischen Kriegers