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 Betreff des Beitrags: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 4. Jul 2010, 01:22 
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Hallo liebe Leute,

vor einer Woche erzählte ich einem Prof. der Alten Geschichte, den ich sehr schätze, von einer Neuerwerbung, die ich tätigen konnte. Einem Denar des Divus Antoninus. (unten zu sehen)

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NCRom 123.jpg
NCRom 123.jpg [ 72.5 KiB | 10173-mal betrachtet ]


Denar, Divus Antoninus Pius (138-161 n. Chr.), VS: DIVVS ANTONINVS / Büste mit leichter Drapierung an linker Schulter nach rechts, RS: CONSECRATIO / vierstufiger Rogus mit Girlanden- und Statuenschmuck, oben Quadriga von vorne, Münze: Roma (161 n. Chr.) 18 mm, 3,01g (RIC 438 [Aurelius], RSC 164a, BMC 60)

Ich beschrieb ihm die Münze kurz und erwähnte dabei, dass auf der Rückseite ein Scheiterhaufen sei. Dabei benutzte ich auch wirklich das dt. Wort "Scheiterhaufen", welches ja die Übersetzung des lat. "Rogus" ist. Er dachte kurz nach, schüttelte den Kopf und meinte so eine Münze (mit Scheiterhaufen drauf) gäbe es nicht.

Am selben Tag habe ich in einigen älteren Auktionskatalogen geblättert und fand Münzen mit dergleichen Rückseite wie meine sie hat, von anderen verstorbenen Kaisern, welche in den Katalogen entweder mit "Rogus" oder "Scheiterhaufen" oder "vierstufiger Pyramide" beschrieben wurden.

Da der Prof. sehr versiert ist was Numismatik anbelangt gehe ich davon aus, dass ihn das dt. Wort "Scheiterhaufen" irritiert hat.

Daher nun meine Frage: Kennt sich jemand damit aus und weiß, welche Funktion dieser Rogus hatte? Wurde er nur symbolisch auf Münzen geprägt oder wurde tatsächlich ein vierstufiger Scheiterhaufen mit Statuen, Girlanden und einer Quadriga oben drauf, errichtet und dann verbrannt?
Wobei, wenn dies nicht zumindest einmal so geschehen wäre, dann fände ich das Symbol schwer verständlich.

Ich freue mich schon auf die Antworten. :)

Liebe Grüße,
Markus

P.S.: Ich hoffe ihr findet es nicht albern, aber mich erinnert der Rogus doch sehr an eine Hochzeitstorte. Unsere moderne, westlich-europäische Welt basiert ja zum Großteil auf der griechisch-römischen Antike, wäre es da vielleicht denkbar, dass das Symbol des "Rogus" auf die Ehe übertragen wurde? Quasi die Divinisierung (Vergöttlichung) des Kaisers = Heiligkeit der Ehe. Nur, das statt der Quadriga jetzt das Brautpaar oben drauf thront. ;)

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Wenn die Münze im Beutel klingt, die Seele im Hui von der Hölle in den Himmel springt... :twisted:


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 4. Jul 2010, 06:48 
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Hallo Markus,
jenen akademischen Lehrer wird bei Deiner Beschreibung wohl nicht der Begriff "rogus" oder "Scheiterhaufen" auf einer Konsekrationsmünze irritiert haben, sondern die Quadriga auf demselben. Die vier Striche über dem "rogus" Deiner Münze - das dt. Wort "Haufen" wird dem kunstvoll gestalteten Gebilde nicht gerecht - lassen eine Quadriga nicht erahnen. Gut ausgeprägte Aurei zeigen aber in der Tat eine solche (BMC Pl. 54, 12f.). Das ist ungewöhnlich.
Du fragst aber nach dem "rogus". Dieser ist von Anfang an fester Bestandteil des Divinisierungsaktes, d.h. der Aufnahme eines verstorbenen Kaisers oder Angehörigen des Kaiserhauses unter die Staatsgötter. Nach dem Divinisierungsbeschluss durch den Senat wurde der tote Kaiser Augustus (für ihn ist das bestens bezeugt) auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Ein Senators beschwor darauf, dass er beobachtet habe, wie ein Adler (das Attribut Jupiters) mit dem Verstorbenen in den Himmel aufgefahren sei. Augustus war damit unter die Götten aufgenommen. Später wurden bei solchen offiziellen Feiern Wachspuppen verbrannt.
Beste Grüße,
Laterarius


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 5. Jul 2010, 15:15 
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Hallo Laterarius,

vielen Dank für deine Antwort. :)

Du hast Recht, das dt. Wort "Haufen" und "Scheiterhaufen" wird dem rogus wirklich nicht gerecht.

Inwieweit ist dir Darstellung einer Quadriga auf der Spitze des rogus denn ungewöhnlich?
Du schreibst vom Kaiser Augustus, der mit einem Adler in den Himmel aufgefahren sei. Auf einer späteren Konsekrationsmünze sieht man den Kaiser Constantin mit einer Quadriga in den Himmel auffahren. Insofern könnte die dargestellte Quadriga auf der Spitze des rogus doch Symbol für das Auffahren in den Himmel sein, oder?

Da fällt mir ein, der Gott Sol wird unter anderem auch auf Münzen in einer Quadriga fahrend dargestellt. Könnte die Darstellung der Quadriga auf der Spitze des rogus zusätzlich eine Hervorhebung des Sol Kultes vor dem Jupiter Kult sein? Falls die Quadriga ein Symbol des Auffahrens ist, hätte ja an ihrer Stelle auch ein Adler dargestellt werden können.

Viele Grüße,
Markus

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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 5. Jul 2010, 20:24 
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Hallo Markus,
Deine Überlegungen sind grundsätzlich reizvoll. Ein Problem ergibt sich aber daraus, dass Sol in der mittleren Kaiserzeit nicht die dominierende Rolle spielt wie ab etwa Mitte des 3. Jh. Seine Blüteperiode erlebte der Kult des Sol invictus (gerne in Quadriga dargestellt) insbesonder unter Aurelian und Probus, später dann wieder unter Konstantin ab 310 n. Chr. Unabhängig davon steckt in der Quadriga die Triumphsymbolik. Der Kaiser könnte triumphierend in den Himmel fahren.
Bin leider in Eile.
Beste Grüße,
Laterarius


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 6. Jul 2010, 02:11 
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Hallo Laterarius,

vielen Dank für deine Antwort. :)

Hatte der Sol Kult nicht schon in der mittleren Kaiserzeit an Bedeutung gewonnen? Ich habe gelesen, dass sich Sol nach der frühen Kaiserzeit (Aufdeckung der Pisonischen Verschwörung gegen Nero und Weihung einer großen Statue unter Vespasian) langsam zu einer Art Schutzgott des Kaisertums entwickelte und der Kaiser Trajan ebenso wie sein Nachfolger Hadrian Sol auch auf Münzen prägte.

Klar, die Bedeutung wie unter Aurelian (von dem ich übrigens einen echt schönen Silbersud Antoninian mit Sol habe [siehe unten]) oder Probus hatte er noch nicht, auch wenn erstmals für das Jahr 158 n. Chr. die Bezeichnung Sol Invictus auf einer Inschrift überliefert ist.

*****
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Rom 128.jpg [ 74.38 KiB | 10098-mal betrachtet ]


Antoninian (Silbersud), Aurelianus (275-276 n. Chr.)
VS: IMP AVRELIANVS AVG / Panzerbüste mit Strahlenkrone nach rechts
RS: ORIENS AVG / Sol im Grußgestus mit Globus nach links, zu seinen Füßen ein Gefangener; im Abschnitt - XXI -
23mm, 3,75g
*****

Wenn der Kaiser triumphierend in den Himmel fährt wie du sagst, über was triumphiert er dann? Ist es der Triumph (Sieg) über den Tod oder lasse ich mich bei dieser Annahme zu sehr von christlichem Gedankengut (was für diese Zeit ja nun wirklich falsch wäre) leiten?

Viele Grüße,
Markus

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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 6. Jul 2010, 10:32 
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k&k Hoflieferant, Professor

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Ein interessanter Thread. Ich hoffe, ihr seid nicht böse, wenn ich mich einmische. Die Ehre, in den Himmel aufgenommen zu werden, hatten Normalsterbliche ja nicht. Deshalb ist es eine große Ehre und ein Triumph, wenn der Kaiser von Zeus in Gestalt eines Adlers zu den Göttern emporgehoben wird. Er wird selbst unsterblich. Ob dies als Sieg über den Tod eine so große Rolle gespielt hast, wie später im Christentum, glaube ich nicht. Der Schwerpunkt lag doch anders.

Mit freundlichem Gruß
Jochen


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 6. Jul 2010, 19:59 
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Ich bin da ganz bei Jochen. Ein Kult mit Erlösungscharakter, der mit dem Christentum insbesondere im 3. Jh. n. Chr. bis zu einem gewissen Grad konkurrieren konnte, waren die Mithrasmysterien. Mithras war ein Gott mit solarem Charakter, wie der Christengott in Ansätzen ja auch auch. Auch die Riten ähnelten sich.
Anders als der Kult des sol invictus wurde der Mithraskult aber nie zur "Staatsreligion", seine Verehrung erfolgte stets in kleinen "eingeweihten" Gruppen. Gewiss kam sol invictus auch schon vor der Mitte des 3. Jh. n. Chr. immer wieder eine mehr oder weniger große Bedeutung zu, insbesonders unter den Severern (Elagabal ist ein Sonderfall). Eine zu wenig beachtete Zäsur stellt die Regierung des Gordian III. dar. Die wesentlichste Zäsur bildete aber schon Aurelian.
Zu diesem Komplex empfehle ich die Lektüre der Duisburger Dissertation von Stephan Berrens, Sonnenkult und Kaisertum von den Severern bis zu Constantin I., Stuttgart 2004.
Beste Grüße,
Laterarius


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Rogus
BeitragVerfasst: 6. Jul 2010, 23:46 
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Ich würde dem insofern zustimmen, als dass ein Beobachter aus den östlichen Teilen des Reiches den Adler des Zeus (wie Jochen schreibt) den Kaiser emportragen sieht. Für einen Beobachter aus den westlichen Teilen des Reiches wird es der Adler des Jupiter gewesen sein. ;)

Ihr habt Recht, mit dem Triumph über den Tod habe ich wohl wirklich zu christlich gedacht und die Ehre unter die Götter aufgenommen zu werden ist wohl Triumph genug. Wie sah das eigentlich beim Otto-Normal-Römer aus?

Ich hatte gelesen, dass auch wenn das römische Totenreich und dessen Personifikation Orcus, dem griechischen Hades mit Pluto entsprach, die Römer keine konkrete Jenseitsvorstellung hatten. Wohl aber glaubten sie zum Großteil an die Befreiung der Seele nach der Totenfeier und an eine weitere Existenz als göttliche Manen, also Geister der Verstorbenen und feierten ihnen zu Ehren Parentalia.

Der Mithras Kult ist sehr interessant. Er war wohl vor allem unter den Soldaten beliebt und wurde von den Veteranen weiter in die Städte und Dörfer getragen.
Ich schaue mal heute Mittag in der UB nach der Dissertation, vielen Dank für die Empfehlung. :)

Dieser Thread hat übrigens schon für zwei Buch- und eine Hörbuchanschaffung bei mir gesorgt. Gestern habe ich mir "Einführung in die antike Ikonographie" von Patrick Schollmeyer und das Hörbuch "Göttinnen – Wer sie sind und was sie uns bedeuten könnten" von Rolf Beyer bestellt, sowie das kleine Büchlein "Mythologie der Antike" aus der "Wissen leicht gemacht" Reihe des compact Verlages gekauft. :book:

Viele Grüße,
Markus

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