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 Betreff des Beitrags: Prototyp vom Prager Typus
BeitragVerfasst: 6. Apr 2022, 20:00 
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Hallo,

2009 und 2010 hat Harald bereits die interessanten Quinare sowie ein sehr seltenes Teilstück vom Prager Typus vorgestellt.
viewtopic.php?f=44&t=853&hilit=prager+typus&start=0

Harald verwies bereits auf den Beitrag "Die keltischen Silbermünzen vom "Prager-Typus" (zur Silberprägung der Boier)" von Herrn Kellner aus dem JNG 15 von 1965.

Zwei Jahre später, 1967 veröffentlichte Herr Allen im JNG 17 seinen Beitrag "More on the Prague Type" in dem er einige Vermutungen Kellners aufgriff und zudem auf die Ähnlichkeit in der Darstellung zwischen den Prototypen vom Prager Typus und den Prototypen der Büschelquinare der Vindeliker verwies.

Für alle Interessierten, die es noch nicht wissen, glücklicherweise werden alle alten Jahrbücher digitalisiert und sind unter folgendem Link frei einsehbar: https://www.coingallery.de/zeitschriften/jng_1.htm

Ich werde mich hier vermehrt auf die Referenzstücke Allens auf Tafel 4 aus seinem Artikel beziehen.
Dateianhang:
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Gewicht: 1,74g
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4.jpg [ 122.17 KiB | 6893-mal betrachtet ]

Gewicht: 1,84g

Auf dem Avers ist ein Kopf nach links mit Locken zu sehen. Das Auge ist als Punkt dargestellt, umkreist von einer Linie, die in die Nase übergeht. Hier wurde bereits des öfteren auf die Ähnlichkeit zu den Quinaren vom Typ "Brillengesicht" hingewiesen, die zumeist dem Raum Bayern sowie Thüringen und Baden Württemberg zugeschrieben werden. Auf dem Revers ist ein Pferd nach rechts, mit Mähne bestehend aus feinen Strichen und einer Schlange zuvor zu sehen. Das Maul ist mit vier Punkten dargestellt. Bis auf die Richtung des Pferdes stimmt die Darstellung stilistisch mit Süddeutschen Prägungen überein.

Beide der gezeigten Prototypen entsprechen der Abbildung 2 nach Allen.

Außergewöhnlich und auf süddeutschen Quinaren nicht zu finden ist die sehr feine Darstellung des Reiters, welcher in dieser Art nur auf dem Typ 2 nach Allen zu finden ist. Auf keiner der anderen abgebildeten Prototypen ist der Reiter zu finden. Auf späteren Prototypen oder den Münzen vom Prager Typus ist über dem Rücken eine Kugel zu finden, wodurch vermutet wird, dass der Reiter mit der Zeit in die Kugel aufgelöst hat.

Wie von Harald bereits beschrieben erstrecken sich die Funde der Münzen vom Prager Typus über ein sehr großes Gebiet, von Böhmen über Thüringen bis nach niederösterreich.

Als Durchschnittsgewichte für die Prototypen des Prager Typus gibt Allen für die Abbildungen 1-5 1,7g (range 1,84-1,55g); für die Abbildungen 6-7 1,57g und für die Quinare vom Prager Typus, Abbildungen 8-13 1,43g.

Wie Allen bereits erwähnt sind die Durchschnittsgewichte nicht sonderlich repräsentativ, aufgrund der geringen ihm vorliegenden Stückzahl, sie sind jedoch ein guter Indikator.

Bei dem Quinar aus der Sammlung Flesche, welcher gestern bei Künker unter der Losnummer 6396 versteigert wurde handelt es sich aus meiner Sicht ebenfalls um einen Prototyp vom Prager Typus.
https://www.kuenker.de/de/auktionen/stueck/321737

Das Revers, mit Pferd nach rechts, gleicht dem der Abbildung 1 nach Allen, mit einem Gewicht von 1,54g passt das Stück ebenfalls in die von Allen angegebene Range, wenn auch ein etwas leichterer Vertreter seiner Art. Das Pferd weißt vor dem Maul ebenfalls eine Schlange auf, sonst sind keine weiteren Beizeichen vorhanden (lasst euch nicht durch die Stempelschäden irritieren). Sowohl die Stellung der Beine als auch die Darstellung der an den Hals angelegten Mähne, bestehend aus Strichen ist identisch.

Die Darstellung des Kopfes wirkt etwas primitiver, weißt jedoch besonders bei den Lippen und dem Ohr Ähnlichkeiten auf, auch die Darstellung der Haare mittels grober Striche zeigt stilistische Ähnlichkeiten.

Allen vermutet in seinem letzten Absatz, dass Thüringen die wahrscheinlichere Heimat der Prototypen ist, auch wenn man das mit Sicherheit nicht sagen kann. Zudem schreibt Allen, dass die rheinischen Silbermünzen sowie die Büschelquinare aus der Schweiz und Bayern alle einen gewissen typologische Zusammenhang mit den Prager Prototypen und den dazugehörigen Münzen haben und verweist darauf, dass der Prager Typus weder zeitlich noch geographisch so isoliert ist, wie Herr Kellner zwei Jahre zuvor noch angenommen hatte. Für die Prototypen vermutete Allen damals einen Prägezeitraum irgendwo im frühen 1. Jhd. v. Chr..

Aufgrund der Verbreitung der Prototypen vom Prager Typus, woher auch immer sie stammen möchten, ist durchaus denkbar, dass sie als Vorbilder für diverse weiterer Münzprägungen unterschiedlicher Stämme dienten. So kann aus den Abbildungen 3-7, welche in der Darstellung des Kopfes bereits eine Weiterentwicklung ins abstrakte zeigen, der Prager Typus und aus der Abbildung 2 durchaus der Typ Brillengesicht entstanden sein. Grundsätzlich tue ich mir schwer, mit derart wenig wirklich nachweisbaren Fakten, eine solch deutliche Ähnlichkeit, sowohl hinsichtlich des Stils als auch des Verbreitungsgebiets, mit den worten "die haben nichts miteinander zu tun, das sind zwei unterschiedliche Typen" abzuschmettern. Leider lese ich das doch zu oft in verschiedenen Foren.

Schreibt doch gerne wenn Ihr mehr zu diesem sehr Interessanten Münztyp, der Verbreitung oder den Zusammenhängen sagen könnt.

edit: Einem Beitrag zur Bestimmung eines Quinars vom Typ Brillengesicht konnte ich entnehmen, dass Nick in seinem Buch "Gabe, Opfer, Zahlungsmittel" die Prototypen vom prager Typus ebenfalls mit den Quinaren vom Typ Brillengesicht in Verbindung bringt. Das Buch ist eines der wenigen, welches ich leider noch nicht besitze. Ich gelobe Besserung :lol: .

Schönen Abend,

Ceallach


Zuletzt geändert von Ceallach am 6. Apr 2022, 20:24, insgesamt 2-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Prototyp vom Prager Typus
BeitragVerfasst: 6. Apr 2022, 20:10 
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Zu Vollständigkeit gibt es auch noch meinen Quinar vom Prager Typus zu sehen.
Leider hat mir das Bilder-Limit wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht :D .

Dateianhang:
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Dateianhang:
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Gewicht: 1,44g
Ähnelt Typ 11 nach Allen.

Schönen Abend,

Ceallach


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 Betreff des Beitrags: Re: Prototyp vom Prager Typus
BeitragVerfasst: 11. Apr 2022, 18:19 
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Guten Abend,

passend zu meinem Post kommt im Juni ein sehr seltener und für diesen Typ hervorragender Prototyp vom Prager Typus, Nr. 3 nach Allen, unter den Hammer.

https://www.biddr.com/auctions/mdcmonac ... &l=2730268

Auch hier zeigt sich die Stilistische Ähnlichkeit des Pferdes im direkten Vergleich mit dem oben angesprochenen Stück aus der Sammlung Flesche.
Das Gewicht liegt ebenfalls bei 1,54g.

Interessant ist der Kommentar des Auktionshauses in der Beschreibung der Münze, welcher als Denkanstoß verstanden werden sollte.
Anbei die deutsche Übersetzung:

Früher als "Nachahmungen einer Haeduer Münze" klassifiziert, sind diese Münzen immer noch wenig bekannt; ihre Zuschreibung ist immer noch Gegenstand von Diskussionen... Auf der Auktion Cahn 81 im Jahr 1933 wurde die Nr. 1951 der Sammlung de Saulcy, eine mit dieser Münze vergleichbare Münze, als deutsch-keltische Nachahmung einer Alexander-Drachme klassifiziert. Obwohl relevante stilistische Annäherungen an Münzen gemacht wurden, die den Treverern oder Vindelici zugeschrieben werden, entspricht das Revers dem weitaus häufigeren Prager Typ (vgl. Lyon 1023). Handelt es sich um dieselbe Serie oder um ähnliche Münzen, da die einen die Prototypen der anderen sind?

Bei den erheblichen stilistischen Unterschieden des Avers, vor allem zwischen den Stücken 1-3 nach Allen, sehe ich durchaus die Möglichkeit, dass einer der Prototypen zur Nachahmung durch einen anderen Stamm angeregt hat.

Schönen Abend,

Ceallach


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 Betreff des Beitrags: Re: Prototyp vom Prager Typus
BeitragVerfasst: 14. Apr 2022, 09:55 
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Hallo Cellach

Gratulation zu den schönen Kelten, sowie zur perfekten Recherche.

Viele Grüße
Harald

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Cuiusvis hominis est errare, nullius nisi insipientis in errore perseverare.


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