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 Betreff des Beitrags: Leierquinar - Kreuzmünze mit Lyra
BeitragVerfasst: 21. Mär 2022, 21:29 
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Guten Abend,

zu meinen Lieblingsstücken der Vindeliker zählen zweifellos die Leierquinare, auch als Kreuzmünze mit Lyra oder Kreuzmünze vom manchinger Typus bezeichnet.
Auf dem Avers ist ein recht natürlich wirkender Kopf nach rechts mit den charakteristischen Locken zu sehen. Auf dem Revers ist ein Kreuz mit je zwei Leiern sowie zwei Winkeln abgebildet.

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Leierquinar Avers 1.jpg
Leierquinar Avers 1.jpg [ 121.24 KiB | 10302-mal betrachtet ]

Dateianhang:
Leierquinar Revers 1.jpg
Leierquinar Revers 1.jpg [ 125.8 KiB | 10302-mal betrachtet ]


Das Durchschnittsgewicht wurde 1970 von Herrn Castelin in der SNR49 mit 1,46g angegeben. Es sind jedoch auch Belege mit 1,75g bekannt. Grundsätzlich verweist das vergleichsweise niedrige Durchschnittsgewicht auf eine spätere Prägephase. Herr Castelin datierte die Leierquinare in seiner Studie "Ungefähre Prägezeiten keltischer Silbermünzen in Mitteleuropa" auf das zweite Drittel des 1. Jahrhunderts v. Chr.. In dem Artikel "Prägezeit der süddeutschen Regenbogenschüsselchen" aus dem Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte (Band 23, 1973) vermutet Herr Castelin eine ähnliche oder gleiche Prägezeit zu den Quinaren vom Prager Typus und vermutet diese vorsichtig um 65-40 v. Chr.

Die Datierung wird selbstverständlich nie mit Sicherheit möglich sein. Weder lässt sich mit Sicherheit sagen, in exakt welchem Zeitraum die entsprechenden Vorbilder geprägt wurden, noch ist bekannt wie lange es dauerte, bis diese über entsprechende Handelsrouten in die Gegend um Manching gelangten und als Vorbild für die schönen Leierquinare dienen durften.

Dennoch würde mich interessieren, ob jemandem von euch neuere Studien oder Artikel zu diesem Münztyp bekannt sind, die ich noch nicht gefunden habe. Die meisten Studien, die diesen Münztyp behandeln, sind immerhin 20 Jahre vor mir entstanden :lol: .

Als Vorbilder hierfür dienten verschiedene Quinare der Äduer und Arverner, welche verschiedene Varianten des charakteristischen Lockenkopfs auf ihre Münzen prägten. Auf einigen dieser Quinare ist die Leier ebenfalls als Beizeichen zu finden. Anbei ein Beispiel, welches den Abbildungen des Avers der Leierquinare stark ähnelt: https://www.ma-shops.de/cdma/item.php?i ... &ref=offer

Ähnlichkeiten bestehen zu dem Leierstateren vom Typ Kellner VIII; Vgl. Slg. Flesche 341 anbei der Link zu dem Exemplar aus der Sammlung Flesche: https://www.kuenker.de/de/auktionen/stueck/321413
Diese Leierstatere wurden durch Herrn Castelin auf "etwa nach 90 v. Chr." datiert.

Oft verwechselt werden die Leierquinare mit den "späteren süddeutschen Kreuzmünzen", welche Ähnlichkeiten aufweisen, jedoch anstatt der Leiern auf dem Revers einen Kreis (manchmal mit Mittelpunkt) sowie einen Torques? oder halbmondförmigen Bogen aufweisen. In der Vergangenheit wurde versucht diese Beizeichen als "VOLC" zu lesen, jedoch scheint man sich inzwischen einig zu sein, dass diese auf süddeutschen Kreuzmünzen häufig verwendeten Beizeichen eine andere Bedeutung zu haben scheinen. Zu den späteren süddeutschen Kreuzmünzen werde ich diesem Post im Laufe der Woche noch zwei Exemplare aus meiner Sammlung anhängen, sobald ich dazu gekommen bin diese zu fotografieren.
Anbei ein Vergleichsstück der staatlichen Münzsammlung München: https://www.bavarikon.de/object/bav:SMM ... 56?lang=de

Auf dem Avers unterscheidet sich zudem die Darstellung der Locken. Während auf den Leierquinaren eine Kugel als "Basis" dient, aus der die Locke entspringt verhält es bei den späteren süddeutschen Kreuzmünzen genau umgekehrt. Die späteren Süddeutschen Kreuzmünzen wirken zudem stilisierter und der Stempel scheint meist weniger detailliert geschnitten zu sein.
Die Gewichte ähneln den Gewichten der Leierquinare und reichen von um die 1,7g bis unter 1,4g. Ich werde mir eine Feinwaage bestellen und die Gewichte aller Münzen in diesem Thread nachreichen.

Sollten euch Aufsätze oder Studien zu den späteren süddeutschen Kreuzmünzen bekannt sein, bin ich ebenfalls sehr interessiert daran!

Ein stark angegriffener subaerater Leierquinar wurde hier im Forum vor vielen Jahren bereits vorgestellt, irrtümlich jedoch dem Typ Schönaich zugeordnet, was aufgrund der äußerst schlechten Erhaltung nicht verwunderlich ist. Interessant ist diese Münze allerdings, da mir bisher kein weiteres subaerates Stück dieses Münztyps bekannt ist: viewtopic.php?f=44&t=1353

Sollten die Leierquinare sowie späteren süddeutschen Kreuzmünzen bereits behandelt worden sein, so seht mir bitte nach, dass ich nicht auf die entsprechenden Threads geantwortet habe. Nachdem die Suchfunktion mich immer nur zwei Suchen durchführen lässt, bevor sie mich auffordert einige Zeit zu warten, ist es mir bei der Vielzahl an möglichen Bezeichnungen für diese Typen nicht möglich jeden Thread zu finden.

Schönen Abend,

Ceallach


Zuletzt geändert von Ceallach am 30. Mär 2022, 17:59, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 22. Mär 2022, 18:15 
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Guten Abend,

zur Vollständigkeit gibt es noch die zwei weiteren Bilder der späteren Süddeutschen Kreuzmünzen.

Dateianhang:
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Schönen Abend,

Ceallach


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BeitragVerfasst: 30. Mär 2022, 17:58 
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Guten Abend,

anbei reiche ich die Gewichte der Münzen nach.

Bei den Leierquinaren von Links nach rechts: 1,77g, 1,28g, 1,59g (trotz Randausbruch)

Bei den späteren süddeutschen Kreuzmünzen sind es von links nach rechts: 1,82g und 1,53g (ebenfalls mit Randausbruch)

Die Gewichte der Schrötlinge in meinem Fall sind alles andere als einheitlich. Bei den Leierquinaren sind das erste und dritte Stück (wenn der Schrötling intakt wäre) deutlich schwerer als der Durchschnitt aus Herrn Castelins Publikation von 1970. Auch die erste der von mir gezeigten späteren süddeutschen Kreuzmünzen ins ein sehr schwerer Vertreter seiner Art.

Der Leierquinar der Staatlichen Münzsammlung liegt bei 1,75g, die spätere süddeutsche Kreuzmünze bei 1,74g.

Schönen Abend,

Ceallach


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BeitragVerfasst: 13. Apr 2022, 17:16 
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Guten Abend,

ich möchte anmerken, dass Herr Dr. Ziegaus in seinem aktuellen Aufsatz "Gewichtsreduzierte Kreuzquinare aus der spätkeltischen Siedlung von Karlstein bei Bad Reichenhall (Oberbayern)" aus „Bayerische Vorgeschichtsblätter“ 86 (2021) die "späteren süddeutschen Kreuzmünzen" dem Typ Schönaich zuordnet und diese als Typ Schönaich III bezeichnet!

Zitat aus dem oben genannten Aufsatz von Herrn Dr. Ziegaus: "H.-J. Kellner hat die Schönaicher Kreuzquinare in zwei Typen I und II unterteilt. Eine genauere Untersuchung des Schatzfundes von Schönaich und die Erfassung aller einschlägigen Münzen dieses Typs hat inzwischen gezeigt, dass der von ihm bezeichnete Typ „spätere süddeutsche Kreuzmünze“ wohl als eine weitere Kreuzquinar-Variante des Schönaicher-Typs anzusehen ist und deswegen auch von einem Typ III gesprochen werden kann, was sich aufgrund seiner bildlich sehr engen Zugehörigkeit zu den Typen I und II und dem gemeinsamen Vorkommen im Schatzfund von Schönaich erschließen lässt."

Eine Antwort von Herrn Ziegaus auf meine Frage, ob er einen Zusammenhang zwischen dem "Typ Schönaich III" und den (zumindest laut Castelin später geprägten) Leierquinaren sieht steht noch aus.

Der Aufsatz ist im übrigen sehr lesenswert!

Schönen Abend,

Ceallach


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BeitragVerfasst: 14. Apr 2022, 09:56 
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Hallo Cellach

Danke für diesen tollen Beitrag.
Diese Münzen sind in der Tat wahre Schönheiten von herausragendem Stil.

Grüße
Harald

_________________
Cuiusvis hominis est errare, nullius nisi insipientis in errore perseverare.


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