In diesem Thread wurden von den Allegorien des Mondes (Luna), der Planeten (Mars) und der Sternbilder (Gemini / Zwillinge) bereits einige Beispiele vorgestellt. Hier folgt nun die eigenartige Darstellung eines weiteren Sternbilds – des Sagittarius / Schützen.
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599AH_Nasir_Archer_SS38-2_n.jpg [ 114.77 KiB | 8277-mal betrachtet ]
Zitat:
NASIR AL-DIN ARTUQ ARSLAN BIN IL-GHAZI, AH 597-637 = 1201-1239 AD. Bronze-Dirhem (31 mm, 11,94 gr.), Mardin, unter Kalif Al-Nasir, AH 599 = 1202 / 1203 AD. Av. Kentaur n.r., Kopf mit Krone von vorne, mit dem Bogen auf einen Drachen mit weit aufgerissenem Rachen im Felde l. zielend. Legende: Bi-Mardin sanah tis' wa tis'in wa khamsa- mia. Rv. 5 Zeilen Schrift in Kreis. Al-Nasir li-din Allah Amir / al-mu'minin al-Malik / al-Adil Abu Bakr / Malik Diyarbakr Na / slan, l. Artuq ar-, r. Sir al-Din. S/S 38.2; Mitchiner WOI 1048; Poole 60b.
Dieser Dirhem des Nasir al-Din Artuq Arslan (der Name bedeutet "Verteidiger des Glaubens, Artuq der Löwe") ist der erste Dirham der Artuqiden von Mardin, der seit einem frühen Typ unter Timurtash aus dem Jahr 543 AH/1149 AD wieder die Münzstätte - Mardin – nennt. Das Revers nennt den Abbasiden-Kalifen al-Nasir und darunter den Namen des Oberbefehlshabers der Ayyubiden in Kairo, Al-' Adil Abu Bakr. Hinzugefügt ist der Name des Artuqiden-Fürsten mit dem Titel Malik (Herr von) Diyarbakr.
Die Revers-Legende steht vor folgendem Hintergrund: Al-' Adil Abu Bakr betrachtete die Kontrolle über Mardin als Schlüssel zu Diyarbakir und dem oberem Mesopotamien. Anfang des Jahres 599 H (1202 AD) hatte er eine Armee unter Führung seines Sohnes al-Ashraf Musa für den Angriff auf die Festung von Mardin in Marsch gesetzt. Al-Ashraf Musa blieb erfolglos, aber nach mehrmonatiger Belagerung erreichte man eine diplomatische Einigung, die Artuq Arslan verpflichtete, Al- ' Adil Abu Bakr als seinen Oberherrn anzuerkennen und ihm eine Entschädigung von 150.000 Golddinaren zu zahlen.
Das eigentlich spannende Motiv ist der Schütze – der Kentaur, dessen Schwanz zu einem Drachenkopf ausgeformt ist, auf dessen aufgerissenes Maul er zielt.
„Der Drachen (arabisch: al-dschauzahar) symbolisiert die Nähe des Mondes zur Erdbahnebene oder Ekliptik, in der Verfinsterungen vorkommen können. Daher wird in der Astrologie diese Konstellation mit jeweils besonderen Ereignissen verbunden.“ (Stefan Heidemann, Die Dschazira – Land zwischen Euphrat und Tigris,, S. 19) Lt. Heinemann weiß man aber nichts über die Kontexte, die zur Verwendung der jeweiligen Allegorien führten. Anderen Quellen zufolge galt der Drachenkopf als Symbol für ein schweres Unglück, und der Schuß auf seinen Rachen konnte als Glücksomen gedeutet werden. Möglich ist aber auch eine Symbolik als Hinweis auf eine Sonnenfinsternis, die sich im Jahr 598 AH (1201 AD) ereignet hatte.
Die Nennung der Münzstätte allerdings war ein Hinweis für Al-' Adil Abu Bakr, dass Artuq Arslan Mardin weiterhin als seinen Besitz betrachtete, und verdeutlicht, zusammen mit dem Zielen auf den Kopf des Unglücks-Drachenkopfes möglicherweise Artuq Arslans wahre Gefühle für seinen Ayyubiden-Oberherrn.
ExkursNeben die Münze habe ich eine Arbeit mit vergleichbarem Motiv – den Sagittarius / Schützen – gestellt. Es handelt sich um eine
Tafel aus der Bronzetür aus Plock , entstanden 1152-1154 in Magdeburg und heute in das Westportal der Sophienkathedrale im Nowgoroder Kreml eingefügt. Die Tafeln der Tür zeigen mehrheitlich Szenen aus dem Heilsgeschehen von der Erschaffung des Menschen bis zur Auferstehung Christi. Für die Einfügung des Sagittarius (ganz unten rechts) in diesen Zyklus habe ich keine Erklärung finden können! Die beiden Arbeiten (Tür und Münze) liegen zeitlich nur ca. 50 Jahre auseinander. Sie zeigen m.E., daß verschiedene Kulturen sich zeitgleich auf unterschiedliche Weise mit vergleichbaren Phänomenen befaßten.
Dateianhang:
599AH-1152AD_Sagittarius_Nowgorod_n.jpg [ 97 KiB | 8277-mal betrachtet ]
Als weiteres - etwas jüngeres – Beispiel verweise ich auf den
Sagittarius des indischen Ilahi-Zyklus , bei welchem die Datierung der Münzen u.a. anhand des Zodiac-Sternkreises vorgenommen wurden, ähnlich der Datierung nach Monaten des Jahres-Zyklus, wie sie auch in Europa gelegentlich zu finden sind.
Gruß klaupo