Der Artikel von otokar:
Ich habe mich fast ein Jahr lang mit den Pferdeschmuckanhängern befasst und viel Material zusammengetragen. Die Pferdeschmuckanhänger gehen auf die römischen Phaleren zurück, die ja Tapferkeitsauszeichnungen waren und am Körper oder später am Pferdegeschirr befestigt wurden. Man findet sie auf zahlreichen römischen Grab- oder Gedenksteinen. Die Germanen haben diese Tradition übernommen und sie ist im Mittelalter – gewissermaßen als Modeerscheinung - wieder aufgetaucht . Die berühmten Hüfinger Scheiben (Trilogie) aus dem frühen 7. Jahrhundert sind nicht nur ein Beweis dafür sondern auch ein frühes Zeugnis christlicher Kunst nördlich der Alpen. Da sie Löcher haben, nimmt man an, dass sie auf einem Lederriemen befestigt waren. Im Hochmittelalter (11. und 12. Jhdt) sind solche Scheiben zwischen 4 und 8 cm groß, aus einer Zinn-Kupfer-Legierung (Bronze) gegossen oder getrieben, meistens durchbrochen und vergoldet. Sie zeigen häufig Vogel-, Greif-, oder Sirenenmotive und haben eine Anhängvorrichtung oder Öse. Sie sind in Mitteleuropa -besonders in Mitteldeutschland- verbreitet. Die Motive entsprechen der mittelalterlichen Vorstellungswelt, die im „Physiologus“, einem skurril-naiven Werk, an dem mehrere Jahrhunderte geschrieben wurde, ihre Wurzeln hat. Darin wird jedem natürlichen oder mythischen Lebewesen eine besondere Bedeutung zugewiesen, die häufig eine positive und eine negative Seite hat. Der Greif ist z.B. ein Symbol des Bösen (Teufel) und wird daher als Abwehr (Apotrophie) gegen das Böse getragen (ähnlich den Teufelsfratzen, die an römanischen Portalen, dem Bösen den Eintritt verwehren sollen). Später hat man den Greif daher in ein Heils- (Christus-) Symbol umgedeutet. Um 1250 enden der Gebrauch und damit auch die Herstellung der Scheiben. Wahrscheinlich waren christliche Reformbewegungen, die das Schmücken der Pferde verboten, daran schuld. Das Fabelwesen auf der Scheibe, die uns Franz zeigt, kann man auf mittelalterlichen Darstellungen immer wieder antreffen; auch mit verschiedenen Klauen oder Zehen. Charakteristisch ist der über den Rücken gebogene Schwanz mit breiter Quaste. Ich zeige hier neben unseren beiden Pferdeschmuckanhängern einige Beispiele: einen Wiener Neustädter Pfennig (CNA B139), eine Dalmatika (Messgewand- Gösser Ornat), die zusätzlich auch einen Greif und einen Hirsch zeigt. Gerne würde ich die Bilder und wenn möglich auch den Artikel über die Phaleren von Eschwege für meine Sammlung erwerben. Frühmittelalterliche Pferdeschmuckanhänger sind eher selten.
_________________ Das Leben ist viel zu kurz um schlechten Wein zu trinken.
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