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BeitragVerfasst: 7. Sep 2009, 10:44 
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Lokale Münzprägung des 3. Jahrhunderts im Hambacher Forst

Im Sonderheft „Das Rheinische Landesmuseum, Ausgrabungen im Rheinland 77“ (1) wurde auf einen im Rheinland einmaligen Fund hingewiesen. Im Rheinischen Braunkohlen-Revier, im Hambacher Forst, entdeckten Archäologen bei der Ausgrabung eines römischen Gutshofes ( villa rustica Ha 56) das, was der numismatischen Forschung bisher gefehlt hat: Die Überreste einer „Heimprägung". Angesichts der gewaltigen Masse von Nachprägungen von Münzen des 3. Jahrhunderts im sog. Gallischen Sonderreich bestand freilich immer schon die Hoffnung, eines Tages auf die Spuren einer Werkstatt, Schmiede oder einer Anlage zur privaten Münzproduktion zu stoßen.

Innerhalb eines fast mannshohen, rechteckigen Kellers aus Tuffsteinen mit Nischen und Lichtschächten in dieser Villa, fand man zunächst an der Südseite einzelne ziemlich regelmäßig runde, flache Metallscheiben (siehe Abb. 1) die im Münzkabinett Bonn als Schrötlinge erkannt wurden, eine daraufhin veranlasste gezielte Nachuntersuchung erbrachte in einer vor der westlichen Stirnwand in den Kellerestrich eingetieften, holzverschalten Grube die Masse dieser münztechnisch und geldgeschichtlichen, so bedeutsamen Objekte. Nach der Reinigung und Konservierung der Stücke stellte man fest, dass das verwendete Material überwiegend aus Barrenteilen und Schrötlingen aus Bronze bestand, mit einem Gesamtgewicht von fast 3 Kilogramm. Geprägte Münzen wurden nur 80 Stück gefunden. Über die Beschaffung des Rohmaterials waren zum damaligen Zeitpunkt noch keine Aussagen möglich. Die gefundenen Objekte erlaubten folgende Angaben zur Herstellungstechnik und geben über den Ablauf der Vorarbeiten genaue Auskunft:

1. Das Rohmaterial eine offensichtlich homogene Kupferlegierung (Æ Bronze) wurde zu stabförmigen Barren gegossen. Diese Barren mit rundem Querschnitt und konisch zulaufenden Enden waren nur in gestückelter Form erhalten. Daher waren genaue Angaben zu ihrer tatsächlichen Länge nicht möglich. Sie hatten einen Standarddurchmesser von 8 – 9 mm.

2. Die Barren wurden, wohl leicht erhitzt, von zwei Arbeitern in im Mittel 8 x 8 mm messende zylindrische Bronze-Stückchen zerlegt (siehe Abb. 2), dabei wurde der Barren mit einer längsgerieften Flachzange festgehalten und mit einer Beißzange wurden die einzelnen Stücke abgetrennt. Viele dieser Barrenstücke tragen außen deutlich die Zangenspuren und an den Trennungsflächen außer den Schnittspuren auch Bruchspuren.

3. Die ziemlich regelmäßig gestückelten Bronzezylinder wurden anschließend offensichtlich in mindestens zwei Arbeitsgängen wieder erhitzt und dann flachgehämmert. Bis zum flachen, glatten Schrötling lassen sich mehrere unterschiedlich starke Zwischengrößen nachweisen. Ein sehr großer Teil jener „Vorschrötlinge" ist beim Flachhämmern zersprungen; einerseits ist dies eine Folge des durch Abbrechen entstandenen unregelmäßigen Reliefs der Trennungsflächen, das bei einem glatten Sägeschnitt nicht entstanden wäre; anderseits ist dies wohl auf zu sprödes Material oder ungenügendes Erhitzen zurückzuführen.

4. Die Schrötlinge wurden in der herkömmlichen Weise, genau wie in offiziellen Prägestätten, zwischen Ober- und Unterstempel geprägt. Bei diesem letzten mechanischen Arbeitsgang ist wiederum ein Teil gerissen oder gesprungen.
Dass auf diesem römischen Gutshof nicht nur Schrötlinge produziert, sondern hier auch wirklich Münzen geprägt wurden, beweißt das massierte Auftreten von Stempelidentitäten bei den wenigen Münzen. Sie geben Aufschluss darüber, wie viele Prägeeisen am Ort mindestens in Betrieb waren. Man hat wenigstens mit 8 Stempeln (=4 Stempelpaaren) hier gearbeitet.

(1) Das Rheinische Landesmuseum, Ausgrabungen im Rheinland 77, August 1978, S. 127 ff.


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