Im Verlauf der napoleonischen Kriege hatte sich Breslau seit Beginn 1813 zum zentralen Ausgangspunkt der Befreiungsbewegung gegen Napoleon entwickelt. Während der Widerstand gegen die französische Ausbreitung stärker wurde, erließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. aus dem Exil (Berliner Lesart: "
Unser Dämel sitzt in Memel") den Aufruf "
An mein Volk". Dieser wurde am 20. März veröffentlicht. Ihm folgte eine allgemeine Mobilmachung, wie sie auf dem Blücher-Denkmal von 1824 mit dem "
Auszug der Preußen aus Breslau" dargestellt wurde.
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Anm. Das Bild wurde freundlicherweise von Münzen & Medaillen GmbH (DE) zur Verfügung gestellt. Die zugehörige Auktion mit ausführlicher Beschreibung zeigt ein falsches Bild.Am 16. Oktober 1813 trafen bei Leipzig die vereinigten Streitkräfte von Österreich, Russland, Preussen und Schweden in Anwesenheit ihrer Souveräne auf die Grande Armée Napoleons, die sich auf ihrem verlustreichen Rückmarsch aus Russland befand. Das dreitägige Treffen wurde vielfach und ausführlich beschrieben und ging unter der Bezeichnung
"Völkerschlacht bei Leipzig" in die Geschichte ein. Wann sich diese Bezeichnung herausbildete, habe ich nicht herausfinden können. Der Jeton nennt sie noch
DIE ENTSCHEID : SCHLACHT DER ALIIERTEN BEY LEIPZIG / DEN 18. = 19. OCT : 1813.Dateianhang:
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Messingjeton mit Restversilberung 1813 (von Stettner) auf die Völkerschlacht bei Leipzig. Die Brustbilder Franz I. und Alexanders gegeneinander. Rv. Preußischer Adler über Schlachtszene vor der Stadt. 33 mm. Br. 1259. Trésor Tf. 57.11. Slg. Jul. 2673.Napoléon selbst notiert im "
Bulletin de la Grande Armée" vom 24. Oktober 1813: "
La cannonade fut terrible" ... "
Le champ de bataille resta en entier en notre pouvoir, et l'armée française resta victorieuse aux champs de Leipzig ..." (d.h. Das Schlachtfeld blieb zur Gänze unter unserer Kontrolle, und die französische Armee blieb auf den Feldern von Leipzig siegreich ...)
Gegen diese Deutung spricht u.a. die Verleihung von
Kriegsdenkmünzen für Kombattanten aus Preußen 1813/14
und Nichtkämpfer 1815 (im Volksmund als "
Pflaume" bezeichnet), gestiftet am 24. Dezember 1813 bzw. am 7. Januar 1815 durch König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.
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Die
Kombattanten-Medaille (Messing, OEK 1913) trägt auf dem Rand die Inschrift:
– AUS – EROBERTEM – GESCHÜTZ -. Die
Nichtkämpfer-Medaille (HUS 1338, OEK 1921, Slg. Julius 3545) ist aus Gußeisen.
Diesen bescheiden wirkenden Stücken füge ich zur Illustration die Souveräne, deren Armeen sich bei Leipzig gegenüberstanden, im Münzbild an.
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In den folgenden hundert Jahren wurde die Völkerschlacht in Deutschland unter nationalem Aspekt nach und nach episch überhöht. Ihren Höhepunkt erreichte diese Entwicklung am Vorabend des 1. Weltkriegs, als dank der Gründung und Initiative eines Patriotenbundes anläßlich der Jahrhundertfeier der Schlacht 1913 das monumentale Völkerschlacht-Denkmal bei Leipzig fertiggestellt wurde. Offiziell wurden zwei Gedenkmünzen verausgabt, die ich ihrer Häufigkeit wegen als bekannt voraussetze -
Preußen, 2 Mark A und 3 Mark A, 1913 Jahrhundertfeier der Befreiungskriege, "Der König rief" und
Sachsen, 3 Mark 1913 E, Völkerschlacht-Denkmal 18. Oktober 1813-1913 mit der Darstellung des Denkmals. Die Medaillen, die der
Patriotenbund zu diesem Anlaß bei B.H. Meyer, Pforzheim fertigen ließ, sprechen ihre eigene Sprache.
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1813-1913_Patriotenbund_Combi_n.jpg [ 105.35 KiB | 12008-mal betrachtet ]
Alle drei Medaillen zeigen im Revers das Denkmal. Seine Gestaltung wird sehr kontrovers diskutiert. Das linke Avers zeigt als Allegorie einen Kampf von vier Adlern - die vier Wappenadler von Frankreich, Russland, Österreich und Preußen. Der schwedische Wappenlöwe ließ sich da wohl schlecht integrieren. Rechts ist der Architekt
Clemens Thieme (1861-1945) zu sehen, Initiator der Gründung des Deutschen Patriotenbundes und Organisator der Finanzierung des Denkmals, der auch Einfluß auf die Gestaltung nahm. Bemerkenswert erscheint mir allerdings besonders die Verfremdung des
Erzengels Michael , der monumental über dem Eingang des Denkmals aufragt. Ohne Heiligenschein und Flügel, das Flammenschwert zu einer Waffe aus Stahl umgestaltet, wurde er zum "
Kriegsmann" uminterpretiert.
Nun sind wir wieder hundert Jahre weiter, und die Völkerschlacht wird diesmal als virtuelles Event präsentiert. Gottlob geht es dabei ohne Blutvergießen zu.
Gruß klaupo